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Vaterland. Ja, ohne Handel und Wandel, ohne Verkehrsstraßen zu Wasser
und zu Lande, ohne Post und Telegraphie kommt ein Ort heutzutage nicht
mehr vorwärts. Aber ohne ein tapfres Landheer, das uns gegen Einfälle
kriegerischer Nachbarn schützt, und ohne eine starke Flotte, die unsre Han—
delsschiffe in den fernen Meeren schirmt, geht's ebensowenig. Freilich, das
alles kostet Geld, viel Geld; aber jeder einzelne trägt mit den Steuern,
die er je nach seinem Einkommen zahlt, doch nur ein ganz klein wenig
dazu bei. Die indirekten Steuern aber, die von Salz, Tabak, Bier, Brannt⸗
wein u. a. erhoben werden, merkst du ja gar nicht, weil die von dir gezahlten
Beiträge bei den geringen Mengen, die du von solchen Lebens- und Genuß—
mitteln kaufst, winzig klein sind, so daß auch der Ärmste sie tragen kann.
Darum Kopf hoch, Nachbar! Jeder behält gern sein sauer erworbenes
Geld; aber Steuern sind nötig, wenn der Bürger wie die Gemeinde und
der Staat vorwärts kommen sollen. Das vergiß mir nicht, wenn du
nächstes Mal den Steuerzettel erhältst!“ Walter UNohl. (Griginalartikel.)
75. Der Bürger.
O, was wäre das Haus, was wäre die Stadt, wenn nicht immer
jeder gedächte mit Lust zu erhalten und zu erneuen
und zu verbessern auch, wie die Zeit uns lehrt und das Ausland!
Soll doch nicht als ein Pilz der Mensch dem Boden entwachsen
zund verfaͤulen geschwind an dem Platze, der ihn erzeugt hat,
keine Spur nachlassend von seiner lebendigen Wirkung!
Sieht man am Hause doch gleich so deutlich, wes Sinnes der Herr sei,
wie man, das Städtchen betretend, die Obrigkeiten beurteilt.
Denn wo die Türme verfallen und Mauern, wo in den Gräben
10 Unrat sich häufet, und Unrat auf allen Gassen herumliegt,
wo der Stein aus der Fuge sich rückt und nicht wieder gesetzt wird,
wo der Balken verfault und das Haus vergeblich die neue
Unterstützung erwartet, — der Ort ist übel regieret.
Denn wo nicht immer von oben die Ordnung und Reinlichkeit wirket,
i5 da gewöhnet sich leicht der Bürger zu schmutzigem Saumsal,
wie der Bettler sich auch an lumpige Kleider gewöhnet.
Darum hab' ich gewünscht, es solle sich Hermann auf Reisen
bald begeben und sehn zum wenigsten Straßburg und Frankfurt
und das freundliche Mannheim, das gleich und heiter gebaut ist.
20 Denn wer die Städte gesehn, die großen und reinlichen, ruht nicht,
künftig die Vaterstadt selbst, so klein sie auch sei, zu verzieren.
Lobt nicht der Fremde bei uns die ausgebesserten Tore
und den geweißlen Turm und die wohlerneuerte Kirche?
Rühmt nicht jeder das Pflaster, die wasserreichen, verdeckten,
25 wohlverteilten Kanäle, die Nutzen und Sicherheit bringen,