114 Der Anfang der Reformation.
Kanne Wein 2 Pfennige kostete. Nun kam er in die Nahe
von Wittenberg nach Jüterbogk, wo man noch seinen Kasten
zeigt; in das durch Lnthern und andre Männer hell gewor¬
dene Wittenberg wagte er sich aber nicht; allein das Volk
strömte ihm in Einfalt zu und kaufte Ablaßzettel genug.
Luther bemerkte dieß bald; manche Christen kamen nicht mehr
zur Beichte, oder gingen ohne Absolution zum Abendmahl,
wollten auch nichts von Besserung und Kirchenstrafen wissen,
sondern beriefen sich auf Tezels Ablaß. Da trat Luther eifrig
warnend auf und lehrte mit der Bibel: „Wo ihr nicht Buße
thut, so werdet ihr auch also umkommen!" Man klagte dieß
Tezeln, der nun wild auf Luthern schmahete, ihn, albern
genug, auf die Wasser-und Feuerprobe hcrausforderte, wo¬
rauf Luther scherzend erwiederte, wahrscheinlich sey die Kü¬
chenprobe von gebratenen Gänsen und dergleichen gemeint;
um ihn zu schrecken, ließ Tezel einen Scheiterhaufen in Iüter-
bogk errichten. Luther schrieb an Erzbifchöffe und Vifchöffe, die
aber theils gar nicht, theils furchtsam antworteten, daß sie ge¬
gen den Papst nicht handeln könnten, ob sie gleich die Schänd¬
lichkeit des Ablasses, und wie sehr sie selbst dadurch an An¬
sehen und Einkünften verlören, wohl cinfahen. Da hielt
sich Luther durch sein zartes Gewissen und besonders auch
durch den Eid, den er als Doctor der Gottesgelahrtheit für
die Beförderung der Wahrheit geleistet hatte, verpflichtet,
Tezeln zu widersprechen. Seine Feinde haben ihm nachge¬
sagt, er habe bloß als Augustiner aus Haß gegen die Domini¬
kaner den Streit angefangen; allein über Mönchsgezank war
Luther erhaben. Man sieht ja wohl leicht, wovon hier die
Rede war. Mit Wchmuth nahm er wahr, daß von Men¬
schen keine Hülfe zu erwarten wäre, nun suchte er sie in der
Kraft der Wahrheit selbst. Den Zysten Oktober 1617 wagte
er den höchst wichtigen und kühnen Schritt, schlug Satze
an die allen Heiligen gewidmete Schloßkirche in Wittenberg,
und erbot sich mit jedem darüber zu sprechen, der sie bestrei¬
ten wollte. Ihr Hauptinhalt war: „Nicht durch den Ablaß,
sondern durch den Glauben an Iefum kann bei aufrichtiger
Besserung Vergebung der Sünden erlangt werden; der rechte