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Tanne kommst, die frei im Walde steht und alle andern Bäume über—
ragt. Wenn du sie umschlägst, ist dein Glück gemacht.“
Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, nahm sein Beil und
machte sich auf den Weg. Nach zwei Tagen fand er die Tanne. Er ging
sofort daran, sie zu fällen, und in dem Augenblick, wo sie umstürzte und
mit Gewalt auf den Boden schlug, fiel aus ihrem höchsten Wipfel ein
Nest mit zwei Eiern heraus. Die Eier rollten auf den Boden, und wie
sie zerbrachen, kam aus dem einen ein junger Adler heraus, aus dem
andern fiel ein kleiner, goldener Ring. Der Adler wuchs zusehends, bis
er wohl halbe Manneshöhe hatte, schüttelte seine Flügel, als wollle er
sie probieren, erhob sich etwas über die Erde und rief dann: „Du hast
mich erlöst! Nimm zum Dank den Ring, der in dem andern Ei gewesen
ist! Es ist ein Wunschring. Wenn du ihn am Finger umdrehst und
dabei einen Wunsch aussprichst, wird er alsbald in Erfüllung gehen.
Aber es ist nur ein einziger Wunsch im Ringe. Ist der getan, so hat
der Ring alle weitere Kraft verloren und ist nur wie ein gewöhnlicher
Ring. Darum überlege dir wohl, was du dir wünschst, auf daß es
dich nicht nachher gereue!“ Darauf hob sich der Adler hoch in die Luft,
schwebte lange noch in großen Kreisen über dem Haupte des Bauern
und schoß dann wie ein Pfeil nach Morgen.
2. Der Bauer nahm den Ring, steckte ihn an den Finger und begab
sich auf den Heimweg. Als es Abend war, langte er in einer Stadt an.
Da stand ein Goldschmied im Laden und hatte viele köstliche Ringe feil.
Der Bauer zeigte ihm seinen Ring und fragte ihn, was er wohl wert
sei. „Einen Pappenstiel!“ versetzte der Goldschmied. Da lachte der
Bauer laut auf und erzählte ihm, daß es ein Wunschring sei und mehr
wert als alle Ringe zusammen, die jener feilhielte. Doch der Goldschmied
war ein falscher, ränkevoller Mann. Er lud den Bauern ein, über Nacht
bei ihm zu bleiben, und sagte: „Einen Mann wie dich mit solchem
Kleinod zu beherbergen, bringt Glück; bleibe bei mirl“ Er bewirtete ihn
aufs schönste mit Wein und glatten Worten, und als er nachts schlief,
zog er ihm unbemerkt den Ring vom Finger und steckte ihm statt dessen
einen ganz gleichen, gewöhnlichen Ring an.
8. Am nächsten Morgen konnte es der Goldschmied kaum erwarten,
daß der Bauer aufbräche. Er weckte ihn schon in der frühsten Morgen⸗
stunde und sprach: „Du hast noch einen weiten Weg vor dir. Es ist
besser, wenn du dich früh aufmachst.“
Sobald der Bauer fort war, ging er eiligst in seine Stube, schloß
die Läden, damit niemand etwas sähe, riegelte dann auch noch die Tür