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sagte zu ihm, wobei er eine gewaltig höhnische Miene annahm: „Wie
kommt es denn, daß du schon am so frühen Morgen im Felde herum—
läufst?“ „Ich gehe spazieren“, sagte der Swinegel. „Spazieren ?“ lachte
der Hase, „mich dünkt, du könntest die Beine auch wohl zu besseren Dingen
gebrauchen.“ Diese Antwort verdroß den Swinegel über alle Maßen; denn
alles kann er vertragen, aber auf seine Beine läßt er nichts kommen,
eben weil sie von Natur schief sind. „Du bildest dir wohl ein,“ sagte
nun der Swinegel, „daß du mit deinen Beinen mehr ausrichten kannst?“
„Das denk' ich“, sagte der Hase. „Nun, es käme auf einen Versuch an,“
meinte der Swinegel, „ich wette, wenn wir miteinander laufen, ich laufe
dir vorbei.“ „Das ist zum Lachen, du mit deinen schiefen Beinen!“ sagte
der Hase; „aber meinetwegen mag es sein, wenn du so übergroße Lust
hast. Was gilt die Wette?“ „Einen goldenen Louisdor und eine Flasche
Branntwein·, sagte der Swinegel. „Angenommen,“ sprach der Hase, „schlage
ein, und dann kann's gleich losgehen.“ ‚Nein, so große Eile hat es nicht,“
meinte der Swinegel, „ich bin noch ganz nüchtern; erst will ich nach Hause
gehen und ein bißchen frühstücken. In einer halben Stunde bin ich auf
deim Platze.“ Darauf ging der Swinegel; denn der Hase war es zu—
frieden.
3. Unterwegs dachte der Swinegel bei sich: Der Hase verläßt sich
auf seine langen Beine, aber ich will ihn schon kriegen. Er dünkt sich
zwar ein vornehmer Herr zu sein, ist aber doch ein dummer Kerl, und
bezahlen muß er doch. Als nun der Swinegel zu Hause ankam, sagte
er zu seiner Frau: „Zieh dich eilig an, du mußt mit ins Feld hinaus.“
„Was gibt es denn?“ sagte die Frau. „Ich habe mit dem Hasen um
einen goldenen Louisdor und eine Flasche Branntwein gewettet; ich will
mit ihm um die Wette laufen, und da sollst du dabei sein.“ „O mein
Gott, mein Mann!“ schrie Swinegels Frau, „bist du nicht klug, hast du
den Verstand verloren? Wie kannst du mit dem Hasen um die Wette
laufen wollen?“ „Halt den Mund, Weib,“ sagte der Swinegel, „das
ist meine Sache. Rede nicht in Männergeschäfte. Marsch, zieh dich an,
und dann komm mit!“ Was sollte des Swinegels Frau machen? Sie
mußte wohl folgen, sie mochte wollen oder nicht.
Als sie nun miteinander unterwegs waren, sprach der Swinegel zu
seiner Frau also: „Nun paß auf, was ich dir sagen werde. Sieh,
auf jenem langen Acker dort wollen wir unsern Wettlauf machen.
Der Hase läuft nämlich in der einen Furche und ich in der andern, und
von oben fangen wir an zu laufen. Nun hast du weiter nichts zu tun,
als du stellst dich hier unten in die Furche, und wenn der Hase auf der
andern Seite ankommt, so rufst du ihm entgegen: „Ich bin schon dal“
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