WM 339
Welle auf Welle zerrinnt am Strande — eine Stunde nach der
andern, einen Tag nach dem andern, jahraus, jahrein. Niemals
hört das Brausen ganz auf. Und wenn die Sommerzeit längst
vorbei ist, alle Badegãste weit, weit wieder in ihre Heimat gereist
sind und die Kinder kaum noch die Muscheln ansehen, die sie in
den Ferien gesucht und mit nach Hause gebracht haben, dann
rollen wie immer ohne Unterlab die Vogen auf den Strand. Unsere
Großvãter und Urgrobvãter haben sie schon rollen hören, und
wenn die Kinder, die jetzt leben, dermaleinst steinalt und krumm
geworden sind, werden die VWogen mit demselben Donnergetöse 10
auf dem Sande zerschellen wie heute und alle Zeit.
Scharrelmann, Heute und vor Zeiten.
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278. Rübezahl.
Von Hermann Kletle
1. Wie Rübezahl das Vertrauen belohnt.
En reisten zwei arme Gesellen über das Riesengebirge, das zwischen 15
Schlesien und Böhmen liegt und auf dem der Berggeist Rübezahl
seine neckischen Streiche treibt. Als nun die beiden so in trübseligen
Gedanken über ihre Not dahinzogen, sahen sie eine prächtige Karosse
vorüberfahren, die von etlichen Pagen begleitet war. Sie schlossen also,
daß ein vornehmer Herr darin sitze, der wohl für ihre Armut eine 20
kleine Gabe übrig habe, eilten hinzu und baten demütig um einen Reise—
pfennig, dessen sie höchst bedürftig seien. Da sprang ein vornehmer Herr
aus dem Wagen, schnitt mit seinem Messer aus dem Gebüsch zwei Stöcke
ab und überreichte sie ihnen mit den Worten: „Damit nehmt für diesmal
vorliebl Ihr werdet euch schon daran erholen und wieder auf die Beine 25
kommen.“ Die Gesellen nahmen die Stöcke und bedankten sich höflichst;
denn sie getrauten sich nicht, das Geschenk eines so vornehmen Herrn
zurückzuweisen. Hierauf stieg Rübezahl wieder in den Wagen und fuhr
eilends davon.
Die beiden Wanderer humpelten langsam ihres Weges und schwatzten 30
von ihren Stöcken und dem vornehmen Herrn, bis endlich einer von
ihnen ganz verdrießlich sagte: „Ei, was soll mir der Stock! Ein solcher
Herr hätt' uns was Besseres verehren sollen als ein Stück Holz, das
ich mir selbst abschneiden konnte.“ Damit warf er geringschätzig den
Stock von sich. Sein Gefährte tadelte ihn deshalb. „Ich wenigstens,“ 35
entgegnete er, „will den meinigen behalten; wer weiß denn, wozu er
gut ist!“
Unter solchen Reden kamen sie endlich über das Gebirge und gingen
in die nächstgelegene Herberge. Als der Gesell nun, der seinen Stab
behalten haͤtte, diesen betrachtete, siehe, da hatte sich der schlichte Stock
in lauter gediegenes Gold verwandelt! Als das der andere sah, sprach
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