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Gnaden, einmal ist keinmal! Es soll niemals wieder geschehen. Zudem 
ist mir sterbensübel, als müßt ich vom Pferde fallen, und es würde 
Kuch feiner anstehn, wenn Ihr mich vielleicht mitnehmen wolltet in 
Cuer Haus und mir ein Labsal reichen.“ — „Meinethalben,“ schnaubt 
der Tod, „binde dein Pferd an, und komm mit!“ 
Der Tod ging voran in den Wald hinein, und der Weber folgte 
ihm, und endlich gelangten sie vor ein schwarzes Thor, darüber hing 
ein Schild, darauf war eine Sanduhr gemalt und darunter geschrieben: 
„Zum letzten End“ — da war der Tod zu Hause. 
Sie kamen in das Vorzimmer, darin hing eine Sense; dann 
gelangten sie in einen langen, langen Saal, darin neben einander und 
über einander viele tausend Lichter brannten. Etliche waren noch ganz 
lang, andere zur Hälfte und weiter herniedergebrannt, wiederum andere, 
nur noch ein Stümpflein, wankten hin und her und wollten verlöschen. 
Der Weber verwunderte sich des und sprach: „Ich meinte, in 
Eurem Hause sei's sehr dunkel; was bedeuten die vielen Lichter, und 
daß etliche lang und etliche kürz sind?“ Der Tod antwortete: „Hier 
wird für jeden Menschen, wann er geboren wird, ein Licht aufgesteckt, 
und jedwedes Licht bedeutet ein Menschenleben. Des einen Licht ver— 
zehrt sich langsam, das des andern schnell, und wenn das Licht verlischt, 
ist des Menschen Leben auch zu Ende. Deren Licht nun noch lang ist, 
die haben noch viele Tage vor sich; deren Licht aber herniedergebrannt 
ist, die sind ihrem Ende nah und thun gut, sich fertig zu machen, — 
denn ich muß gehn und mich ihnen zu Häupten setzen“ 
Der Weber verwunderte sich noch mehr, und über eine Weile 
sprach er „Gevatter, ich möchte gar gerne wissen, wie lange mir noch 
zu leben beschieden ist; könntet Ihr mir nicht mein Licht zeigen, damit 
ich solches daraus abnehmen könnte?“ 
Ber Tod führte ihn hinzu, geht mit ihm durch die Reihe der 
Achter, bleibt endlich stehn und sfaͤgt „Das ist dein Licht, das ist deines 
Weibes, das ist des Anastasius und bas deiner andern Kinder.“ Der 
Weber erblaßi, — die andern Lichter brannten alle noch lustig und 
waren lang, — am längsten das des Anastasius, — das seine aber 
war heruntergebrannt zu einem kleinen Stümpflein, und die Flamme 
wankte hin und her wie unter einem starken Winde, zischelte und 
sprühte, als wollte sie jeden Augenblick verlöschen. 
Da hub der Weber seine Hände empor zu dem Tod und sprach: 
„Ach, herzlieber Gevatter mein, durch deine große Gütigkeit bin ich ein 
reicher und glückseliger Mann geworden, und jetzt, da ich allererst weiß, 
was leben heißt, jetzt soll ich davon und alles dahinten lassen? Ach, 
gedenke meines Weibes und meiner Kinder! Was soll aus einer 
shwachen Witwe und armen Waislein werden, was aus meinem 
Mastasius, wenn ihr Haupt und Versorger dahin ist? Heißt's doch: 
ber einen niedrigen Zaun will jeder Bube springen! Ach, hab' ein 
Erbarmen!“ 
Dem guten Tod wollten schier) die Augen übergehn bei solcher 
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