Full text: Norddeutsches Lesebuch

4. Rotkãäppchen. 
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42. Drei Rätsel. 
Ich rede ohne Zunge 
und schreie ohne Lunge, 
nehm' teil an Freud' und Schmerz 
und habe doch kein Herz. 
Es schnaubt und heult die Straß' herauf 
und hat doch keine Lunge; 
es leckt den Schnee wie Butter auf 
und hat doch keine Zunge. 
Sonst regnet's naß ins trockne Land; 
jedoch aus einem Fasse, 
da regnet, nimmst du's in die Hand, 
stets Trocknes in das Nasse. 
3 
43. 
Ci, Knabe, ich will dir 
was zu raten aufgeben, 
und wenn du es ratest, 
so kriegst du es eben. 
Was für eine Straße 
ist ohne Staub? 
Und welcher grüne Baum 
ist ohne Laub? 
„Die Straße auf der Donau 
ist ohne Staub; 
der grüne Tannenbaum 
ist ohne Laub.“ 
Was für ein König 
ist ohne Thron? 
Und was für ein Knecht 
hat keinen Lohn? 
„Der König in der Karte 
ist ohne Thron; 
der Knecht an dem Stiefel 
hat keinen Lohn.“ 
Rätsel um Rätsel. 
Was für ein König 
ist ohne Land? 
Und was für ein Wasser 
ist ohne Sand? 
„Der Zaunkönig 
ist ohne Land; 
das Wasser in den Augen 
ist ohne Sand.“ 
Welches schöne Haus 
hat weder Holz noch Stein? 
Und welcher grüne Strauß 
hat keine Blümelein? 
„Das kleine Schneckenhaus 
hat weder Holz noch Stein; 
der Strauß an dem Wirtshaus 
hat keine Blümelein.“ 
Was für ein Herz 
thut keinen Schlag? 
Und was für ein Tag 
hat keine Nacht? 
„Das tote Herz 
thut keinen Schlag; 
der allerjüngste Tag 
hat keine Nacht.“ 
(Wunderhorn. 
4. Rotkläppchen. 
(Märchen.) 
E? war einmal eine kleine süße Dirne, die hatte jedermann lieb, der sie nur 
ansah; am allerliebsten aber die Großmutter, die wußte gar nicht, was sie 
alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rotem 
Sammet, und weil ihm das so wohl stand, und es nichts anderes mehr tragen 
wollte, hieß es nur das Rotkäppchen. Da sagte einmal seine Mutter zu ihm; 
„Komm', Rotkäppchen, da hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein, 
bring's der Großmutter hinaus; sie ist krank und schwach und wird sich dran 
laben; sei aber hübsch artig, guͤch nicht gleich in alle Ecken herum, wenn du 
in die Stube kommst, und vergiß nicht Guten Morgen“ zu sagen; geh' auch
	        
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