143. Morgenlied.
den wunderlichen, von denen, die einen guten Rath, wenn er von einem
Knechte kommt, nicht annehmen mögen. Er fuhr den Knecht an und meinte
er werde wohl des Reitens überdrüssig sein; sie müßten aber noch nach Ostrowo,
es möge gehen, wie es wolle. Und so ging's vorwärts, was die Pferde
laufen konnten.
Kaum aber sind sie eine Strecke im Walde, so hört der Herr hinter sich
ein lautes Heulen, und wie er sich umkehrt, sieht er die Wölfe in Rudeln
hinter dem Schlitten herjagen, und die vordersten schon ganz nahe. „Jalob,
Zakob!“ ruft er, „die Wölfe, die Wölfe!“ Der treue Jakob erwidert kein
Wort, sondern läßt ruhig den Herrn vorausfahren, reitet zwischen den Schlit⸗
ten und die Wölfe, zieht seine Pistolen und schießt von Zeit zu Zeit unter sie.
Auf diese Weise schreckt er die Bestien eine Weile; endlich aber hat er kein
Pulver mehr, und als sie nun an den Schlitten heranstürzen, sagt er: „Herr,
ich muß meinen armen Braunen opfern und sehen, daß ich zu Euch auf den
Schlitten komme; sonst ist alles verloren.“ Im Augenblick war er vom Pferde
auf den Schlitten gesprungen und hielt sein Pferd am Zaume fest, bis die
Wölfe herankamen; dann überließ er es ihnen zur Beute. Es schien, als
sollten fie einen Vorsprung dadurch gewinnen; aber nicht lange, so war ein
Theil der Wölfe wieder hinter ihnen, und einige schickten sich an, in den
Schlitten zu springen. Der Edelmann gab sich verloren. Da sagte Jakob:
„Herr, nun will ich in Gottes Namen auch noch das Letzte für Euch thun.
Dort sind schon die Lichter von Ostrowo, und Ihr könnt das Städtlein erreichen,
wenn ich nur auf ein paar Minuten Euch die Bestien vom Halse halte.
Sorgt für mein Weib und meine Kinder!“
Damit zog er den Säbel, sprang aus dem Schlitten und stürzte sich
mitten unter die Wölfe. Diese stutzten, fielen ihn aber dann wüthend an
und übermannten ihn endlich. Sein Herr war mittlexweile unversehrt ent—
kommen. Schnell nahm er Leute zu sich und eilte in den Wald zurück;
aber er fand nur noch die Gebeine seines treuen Knechtes. Die sammelte
er und ließ sie begraben. Das Weib aber und die Kinder desselben versorgte
er väterlich. (Caspari.)
143. Morgenlied.
. Der schöne Tag bricht an, 3 Befüllt uns Kreuz und Noth,
die Nacht ist abgethan, so hilf, du treuer Gott,
die Finsterniß vergangen: daß wir in allen Stücken
laß uns dein Licht umfangen, uns drein geduldig schicken,
du, unsre Sonn' und Leben, denn dir nicht widerstreben
der Welt zum Heil gegeben! ist ja das beste Leben.
2 Laß uns in deiner Hut Gieb Speis und Trank dem Leib,
das thun, was recht und gut, daß er bei Kräften bleib',
und stets als Kinder leben, und soll die Seele scheiden,
die dir sich ganz ergeben, so sei's zu deinen Freuden,
in deinen Wegen gehen daß wir auf deinen Namen
und fest im Glauben stehen. getrost hinfahren. Amen! Wuchner.)