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Herakles.
11. Die Äpfel der Eurystheus hatte unterdes gehört, daß an der Küsie des Ozeans
Hesperiden. ßegen Sonnenuntergang ein Baum mit goldnen Äpfeln wüchse. Dieser
einzige Baum gehörte dem Riesen Atlas, der die Himmelskugel auf
seinen Schultern trug, und wurde von seinen Töchtern, den Hesperiden,
und einem Drachen, der nie schlief, bewacht. Der König wünschte, drei
der seltnen Früchte zu besitzen, und forderte Herakles auf, sie zu holen.
So wanderte der Vielgeplagte wieder durch das heiße Nordafrika. Unter-
wegs zwang ihn der Niese Antäos, ein Sohn der Erde, zum Zwei-
kämpfe. Herakles nahm seine ganze Kraft zusammen, aber er rang den
Riesen nicht nieder. Da spürte der Held, daß seinem Gegner neue Kraft
zuströmte, wenn er mit den Füßen die Erde berührte. Herakles hob ihn
in die Höhe und überwältigte ihn nunmehr bald.
Nach langem Wandern erreichte Herakles den Riesen Atlas. Der
erbot sich, die Äpfel herbeizuschaffen, wenn Herakles einstweilen die
Himmelskugel trüge. Der Held nahm die Last auf seine starken Schultern,
und jener brachte unterdes die Äpfel zur Stelle. Nun aber weigerte sich
Atlas, das Himmelsgewölbe wieder aufzunehmen. Da bat der schlaue
Herakles: „Nimm mir nur so lange die Bürde ab, bis ich mir aus Gras
ein Polster gefertigt habe, die Last drückt gar so sehr." Atlas war
bereit; doch kaum fühlte sich Herakles frei, so raffte er die Äpfel nebst
Pfeilen und Bogen vom Boden auf und verabschiedete sich von dem
Überlisteten auf Nimmerwiedersehen.
Als Herakles die goldnen Äpfel dem Eurystheus übergeben hatte, befahl
12. Kerberos, ihm dieser die schwerste Arbeit: er sollte den „Höllenhund" Kerberos holen.
Dazu mußte Herakles in die Unterwelt hinabsteigen, wo die Seelen
der Verstorbenen, die Schatten, lebten.
Hier herrschte Hades, ein enger Felsspalt führte hinab in fem
Reich. Täglich gingen Seelen Abgefchiedner diesen Weg. Der Fährmann
Charon setzte sie über den Fluß Styx. Dann traten sie durch das vom
Kerberos bewachte Tor vor Hades, der wies die Schatten vor die Toten-
richtet. Diese sprachen ihnen nach ihrem Erdenleben Seligkeit oder Ver-
dammnis zu. Die Seligen gingen ins C'lhsium ein. Da tranken sie
aus dem Quell Lethe und vergaßen ihre Erdentage. Sie führten nun
ein heitres Dasein aus blumigen Auen. Die Verdammten wurden hinab
in den Tartaros gestoßen. Die Rachegöttinnen jagten sie dort ruhe-
los umher. Einige große Sünder wurden besonders gepeinigt: die Da-
na'iden, die ihre Männer ermordet hatten, schöpften zur Strafe unauf-
hörlich Wasser in ein durchlöchertes Faß; der böse König Sisyphos
wälzte ruhelos einen Felsbock bergan, der nahe am Ziele wieder hinab-
rollte; König Täntalos, der bei Lebzeiten im Übermute gegen die Götter
gefrevelt hatte, stand dürstend und hungernd im klaren Wasser, und über