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Waldluft hängt ferner die namentlich für die krautartigen Gewächse so
wohltätige Taubildung zusammen. Größere Waldmasfen verhüten deshalb
eine übermäßige Dürre, indem sie das Wasser, welches sie zuriickhalten,
allmählich ihrer Umgebung in Form von Tauniederschlägen abgeben.
Auch hinsichtlich des Auftretens des Hagels und der Gewitter sind
die Wälder nicht ohne Einfluß. Daß waldleere Gegenden mehr ver¬
hagelt werden als bewaldete, ist mit Sicherheit nachgewiesen. Diese
Tatsache wissenschaftlich zu begründen, ist aber bis heute noch niemandem
gelungen. Da ferner die vielen Baumspitzen auf die Ausgleichung der
Elektrizität zwischen Wolken und Erde wirken, wird die Blitzgefahr durch
Waldungen zweifellos vermindert und die Erfahrung hat auch gelehrt,
daß z. B. Ortschaften, die von Wäldern umgeben sind, durch Blitzschäden
weniger heimgesucht werden als solche in waldleeren Gegenden.
Die Bodenfeuchtigkeit im Walde ist, wie sehr genau ausgeführte
Messungen ergeben haben, viel größer als die des Ackerbodens, obwohl
der Boden eines geschlossenen Waldbestandes weniger Niederschlüge
empfängt als die Flur, da ein großer Teil der Niederschlüge an den
Baumkronen hängen bleibt und verdunstet. Die Ursachen der größeren
Bodenfeuchtigkeit im Walde sind die größeren Luftfeuchtigkeiten in dem¬
selben, die Verhinderung des oberflächlichen Abfließens des Wassers durch
den Baumschirm und Sträucher, sowie endlich die geringere Verdunstung
im Walde, namentlich unter Mitwirkung der wasserhallenden, gleichsam
als Schlamm wirkenden Waldbodendecke.
Mit der größeren Feuchtigkeit des Waldes, insbesondere dem er¬
wähnten Verhalten der Waldbodendecke, hängt aber die Bildung und
nachhaltige Speisung von Quellen eng zusammen. Jedenfalls sickert
im Sommerhalbjahr noch einmal soviel Wasser durch den Waldbodeu
als durch den Flurboden, welcher gerade in der wärmeren Jahres¬
zeit die Niederschläge außerordentlich schnell verdunsten läßt. Mit dem
Quellenreichtum und dem Wasservorrat der kleineren Wasserlüufe steht
aber in enger Verbindung der Stand der Flüsse. Entwaldungen ver¬
ursachen deshalb ein Sinken des Wasserstandes oder bei anhaltenden,
starken Niederschlägen Überschwemmungen, da die Wasser, wo Baum¬
schirm und Bodendecke fehlen, nicht zurückgehalten werden, sondern rasch
zusammenströmen und schließlich ein Übersteigen der Flüsse veranlassen.
Durch Gustav von Wex wurde 1873 nachgewiesen, daß infolge der
Ausrottung von Wäldern und der Trockenlegung von Mooren der
Wasserspiegel der größten deutschen Flüsse gegen früher ganz beträchtlich
gesunken ist. Wie viel Ünglück aber durch Überschwemmungen entsteht,
erfahren wir fast alljährlich durch die Zeitungen, und wir werden in
Zukunft noch mehr davon hören, wenn den fortgesetzten Waldaus-
stockuugen in den Quellengebieten der Fliisse nicht energisch Einhalt
getan wird. Die schreckliche Katastrophe bei Szegedin durch das An-
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