Full text: Lesebuch für das zweite Schuljahr

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es, daß es hier nicht hinauskommen könne, und flog und 
hüpfte nun in der Stube umher. Es wurde immer dreister, 
kam zuletzt sogar auf den Tisch und pickte die Krümchen auf. 
Bald hatte es auch die Stube von den lästigen Fliegen 
gesäubert. 
2. Einmal wäre der liebe Gast beinahe die Beute der 
Katze geworden. Die Leute im Hause paßten zwar gut auf, 
daß die Katze nicht in die Stube hineinkomme. Aber eines 
Tages, als Besuch kam, hatte sie sich doch hineingeschlichen 
und lag wie eingeschlafen unter dem Ofen. Fritz saß neben 
dem Ofen und las in einem Buche, während die Eltern 
sich mit den Gästen unterhielten. Niemand hatte die Katze 
bemerkt. Da entdeckte Fritz sie plötzlich und dachte sofort 
auch an sein Rotkehlchen. Dieses hatte den gefährlichen 
Feind auch schon gesehen, war auf den Eichbaumbusch ge— 
flogen und sah ängstlich nach dem Räuber hin. Weil jedoch 
die Katze ganz ruhig lag, meinte das Vöglein, daß keine 
Gefahr vorhanden sei, und flog auf den Tisch. Fritz aber 
aute der Katze nicht und behielt sie fest im Auge. 
Da bemerkte er, wie sie die Augen halb öffnete und 
nach dem Rotkehlchen schielte. Ja, jetzt richtete sie sich auf, 
bedelle mit dein Schwanze, duckte sich nieder und rüstete 
sich so zum Sprunge. Fritz hatte indessen ganz leise des 
Vaͤters Stock aus der Ofenecke genommen, und als die 
Katze zum Sprunge ansetzte, da schlug er sie auf Nase und 
Vorderpfoten, daß sie pfauchend in den dunkelsten Winkel 
kroch. Das Rotkehlchen aber flog geschwind in seinen Busch. 
3. Eines Taͤges, als die Mutter die Stube ausfegte, 
machte sie ein Fenster auf, um zu lüften. Da flog das 
Rotkehlchen hinaus und kam nicht wieder. 
Fritz war anfangs recht traurig, da er den lieben Gast 
gern länger behalten haͤtte. Die Mutter aber tröstete ihn 
Und sagte: „Gönne dem Vogel die Freiheit, mein lieber 
Junge! Er mag ebensowenig wie du immer in der engen 
Stube sitzen.“ 
Nach Fr. Polack. (Gekürzt.)
	        
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