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Der Sommer erschien, aber mit ihm auch die Zeit
der Ernte. Nun mulste der Esel Korn und Peldfruchte
tragen, bald in die Mahle, bald nach Hause. Und das
ging so fort vom fruhen Morgen bis zum spaten Abend.
Doer Sommer gesfallt mir nicht,“ klagte der Esel, „ich
wollte, es ware schon Herbst!“
Der Herbst brach an. Ipfel, Trauben und andere
Pruchte wurden reif, und Holz und Wintervorrat mulssten
eingesammelt werden.
Nun jammerte der Langohr erst recht, dass doch
der Winter kommen möchte, damit es endlich besser
wuürde. A. G. VNeissnor.*
114. Der Bär und der Dieb.
Eines Abends kamen zwei Bärentreiber mit einem Tanzbären
in ein Dorf und blieben in dem Wirtshause über Nacht. Der Wirt
hatte eben ein großes Schwein geschlachtet und sperrte den Bären in
den leeren Schweinestall.
Um Mitternacht kam ein Dieb und wollte das Schwein stehlen.
Er wußte von allem, was vorgegangen war, nichts, machte leise die
Stallthür auf, ging hinein und ergriff im Finstern anstatt des
Schweines — den Bären. Der Bär fuhr fürchterlich brummend
auf, packte mit seinen gewaltigen Tatzen den Dieb und ließ ihn nicht
wieder los.
Der unglückliche Mensch schrie vor Schrecken und Schmerzen
ganz entsetzlich. Alle Leute im Wirtshause erwachten und kamen
herbei. Mit vieler Mühe rissen die Bärentreiber den blutenden Dieb
us den Klauen des grimmigen Tieres; der Wirt aber überlieferte
ihn dem Gerichte.
Chr. v. Schmid.*