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Erzählende Gedichte.
Ich weiß, mein Boot, wem du bereitet.
Run stell' ich keinem dich zu Kauf;
Sobald dein Kiel ins Wasser gleitet,
Hiss' ich das Lotsensegel auf.
4. Mein Haus auf hohem Uferrande
Und hier mein Boot in meiner Hut:
Ich bin daheim im Norweglande,
Ich bin daheim auf Norwegs Flut,
Von Lotsensegeln rings umflossen,
Den Blumen, die der See entkeimt:
Ich bin bei Freunden, bei Genossen,
Bin Norwegs Männern eingeheimt.
Noch ist es still, die Schiffe gleiten
Gemach zum Lindesnäs hinaus.
Doch Wetter droh'n. Die Lotsen breiten
Sich an der Schärenküste aus.
Ihr fremden Gäste fahrt geborgen
Hinab an Norwegs Felsenstrand,
Wir, Norwegs Männer, hüten, sorgen,
Wir, allem Menschenkind verwandt.
Nun jagt der Sturm. Er ist zur Stäte.
Die Wolken rennen wild heran.
Still, Alter, neige dich und bete;
Nun geht die Lotsenarbeit an.
5. Siehst du die Brigg dort auf den Wellen?
Sie steuert falsch, sie treibt herein
Und muß am Vorgebirg' zerschellen,
Lenkt sie nicht augenblicklich ein.
Ich muß hinaus, daß ich sie leite! —
Gehst du ins offne Wasser vor,
So legt dein Boot sich auf die Seite
Und richtet nimmer sich empor. —
Allein ich sinke nicht vergebens,
Wenn sie mein letzter Ruf belehrt;
Ein ganzes Schiff voll jungen Lebens
Ist wohl ein altes Leben wert.
Gib mir das Sprachrohr! Schifflein, eile!
Es ist die letzte, höchste Not. —
Vor fliegendem Sturme gleich dem Pfeile
Hin durch die Schären eilt das Boot.
Fetzt schießt es aus dem Klippenrande.
Links müßt ihr steuern! hallt ein Schrei.
Kieloben treibt das Boot zu Lande,
Und sicher fährt die Brigg vorbei. Giesebrecht.