Full text: Lesestücke zum Weltkrieg

120 WRE 
Mit großen Kannen gingen wir ins Feld zu den Kühen, die wir melken 
wollten. Gleich kamen drei Soldaten, nahmen uns unsre Kannen ab 
und suchten sich unter 320 Kühen eine heraus. Während ein Soldat die 
Kuh bei den Hörnern hielt, faßte der andere sie beim Schwanz, der 
dritte, ein Schweizer von Beruf, füllte uns unsre Kannen. Wehe, wenn 
die Kuh nun einmal nicht still hielt, dann konnte man das schönste 
Französisch, das unsre Soldaten mit diesen Französinnen — sprachen, 
hören, und so gab es manche Lachsalve. Munchener Neueste Nachrichten.“ 
61. Unsere tapferen Verwundeten. 
D wir Befehl hatten, uns marschbereit zu machen, es könne am 
nächsten Morgen losgehen, so hatte jeder noch etwas zu besorgen, und 
wir gingen nicht, wie gewohnt, frühzeitig schlafen. Als 11 Uhr alles zur 
Ruhe war, kam neuer Befehl: um 3 Uhr früh Abmarsch. Punkt 3 Uhr 
zogen wir von B. in die frische Oltobernacht hinaus, ohne Unterbrechung 
Marsch bis C.. . wo wir mittags 1 Uhr ankamen. Wenige Kilometer 
weiter vor uns tobte erbittert der Kampf, unsere Truppen hatten es mit 
einer bedeutenden Überzahl zu tun und die Aufgabe, sich zu halten, bis 
Verstärkung heran war, eine Aufgabe, die sie brav lösten. Aber auch 
mit schweren Opfern. Kaum angekommen, gab es für uns alle Hände 
voll zu tun. Schon kommen die ersten Verwundeten an, und unaufhörlich 
laden Autos aus der Front neue Verwundete ab. Rasch ein Haus als 
Lazarett hergerichtet. Die Möbel auf die Straße, in den Garten, Ma⸗ 
tratzen in die Zimmer, ein helles Speisezimmer ist in Minuten zum 
Operationssaal verwandelt, und Arzte und Mannschaften haben fieberhaft 
zu arbeiten, um den Verletzten die erste Hilfe zuteil werden zu lassen. 
Bald sind die wenigen Räume belegt, das Auto bringt immer neue 
Männer aus dem Feuer, Tragbahre um Tragbahre wird mit ihrer hilf⸗ 
losen Last abgeladen, in den Zimmern liegen sie in Reihen nebenein⸗ 
ander, auf Korridoren, im Hausflur, Bahre an Bahre, und harren der 
ersten Pflege, der ersten Linderung ihrer Schmerzen. Da gibt es noch 
vorerst viel Blut zu sehen, und das Herz krampft sich zusammen vor Mit⸗ 
leid beim ersten Anblick der Braven, die vor kurzem noch so kraftvoll, 
froh und heiter⸗mutig ihre Pflicht getan und die nun so zugerichtet und 
hilflos daliegen. Aber auch jetzt noch sind es ganze Männer, die 
stramm ihr Los tragen, wenn auch schwach und still, aber sie sind doch 
immer deutsche Soldaten voller Disziplin; geduldig wartet jeder, bis die 
Reihe an ihn kommt, und ich habe kaum einen jammern oder stöhnen gehört.
	        
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