Full text: Altertum (Teil 1, [Schülerband])

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Bald darauf zertrümmerte ein Blitz das Fahrzeug unseres 
Helden; alle seine Begleiter ertranken; er allein trieb auf einem 
Halken nach einer Insel, wo die schöngelockte Nymphe Kalypso 
wohnte. Sie nahm ihn freundlich auf und gewann ihn so lieb, 
daß sie ihn nicht mehr fortlassen wollte. Sieben Jahre mußte 
er'da bleiben, weil er kein Schiff hatte. Täglich ging er an den 
Strand des rauschenden Meeres und gedachte sehnsuchtsvoll 
seines Heimatlandes Ithaka, der treuen Gattin Penelope und 
des Sohnes Telemach, den er bei seiner Abfahrt von Hause 
als ein ganz kleines Knäblein zurückgelassen hatte. Endlich gab 
ihm die Göttin eine Axt und andere Werkzeuge, womit er sich 
Zäume fällte und ein kleines Fahrzeug zimmerte, und mit 
Speise und Trank wohl versehen, fuhr er heimatbegierig davon. 
4. Nausikan. Tagelang ging die Fahrt ruhig von statten; 
da brach ein heftiger Sturm aus, der die Balken des Fahrzeuges 
quseinanderriß, und nur mit schwerer Not erreichte Odysseus 
schwimmend ein waldiges Ufer. In seiner Erschöpfung kroch er 
dort gleich in einen Haufen abgefallener Blätter und verfiel 
in einen tiefen Schlaf. Es war die Insel Scheria (jetzt Korfu), 
auf der er gelandet; behaglich lebte dort unter seinem König 
Alcinous das handeltreibende Volk der Phäaken. 
Während Odysseus im Gebüsch schlief, kam aus der nahen 
Stadt die Königstochter Nausikaa mit einigen Mägden ans Meeres- 
ufer gefahren, um hier Wäsche zu reinigen. Als die Mädchen 
mit der Arbeit fertig waren, trieben sie allerlei Kurzweil. Dabei 
warf Nausikaa einen Ball nach einem der Mädchen; aber sie 
fehlte, und der Ball fiel ins Wasser. Alle kreischten auf, und — 
Obysseus erwachte. Schmutzig von Schlamm und Blättern trat 
er aus dem Dickicht auf die Jungfrauen zu, die in ihm einen 
Wilden zu sehen glaubten und mit lautem Geschrei davon— 
lüefen. Nur die mutige Nausikaa blieb stehen. Ihr näherte sich 
Odysseus und flehte: „Du siehst in mir einen Unglücklichen, den 
das Meer hier ausgeworfen hat. Nimm dich meiner freundlich 
ans“ Mitleidig entgegnete Nausikaa: „Ich glaube, daß du kein 
schlechter Mann bist, und will dir gerne helsen. Erkenne in mir 
die Tochter des Königs Alcinous“. Dann rief sie ihre Mädchen 
herbei und befahl ihnen, dem Fremden reinliche Kleider zu 
reichen und ihn mit Speise und Trank zu erquicken. Nachdem 
sie ihm hierauf den Weg in die Stadt beschrieben, fuhr sie mit 
ihren Begleiterinnen nach Hause. 
Im Palast des Königs wurde Odysseus gastfreundlich auf— 
genommen, und als er seinen Namen nannte und seine Schick— 
sale erzählte, konnten sich die Phäaken gar nicht satt sehen an 
dem vielgereisten Manne. Gerne hätten sie ihn recht lange bei 
sich behalten: aber sein Herz sehnte sich nach der Heimat. Darum
	        
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