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2. Am 7. Mai kam ein armer Leinweber zu dem Bauern. Sein 
Gesicht sah vor Hunger und Grämen aus wie graue Leinwand. Er 
zãhlte, damit der reiche Mann Geld sähe, für einen halben Scheffel 
drei Thaler zweiundzwanzig Groschen auf den Tisch. MDamals hatte 
5 der Thaler vierundzwanzig Groschen.) Die zweiundzwanzig Groschen be— 
standen aus Dreiern, Vierlingen, Groschen und Sechsern; denn der 
Mann hatte alles zusammengesucht. Der Bauer aber sprach: „Euer 
Aufzahlen hilft Euch nichts; der Scheffel kostet acht Thaler, das ist 
mein Satz. Eher thue ich meinen Boden nicht auf. Und dann muls 
10 es ordentlich Silbergeld sein.“ Das Söhnchen des Bauern, ein Bürsch-— 
chen von zehn Jahren, zupfte den Alten am Rocke und sagte: „Vater, 
gebt's ihm doch!“ Der Vater prägte ihm aber mit einem Rippen- 
stolse andere Grundsätze ins Herz. Der Weber mulste sein Geld zu— 
sammenstreichen und heimwandern. 
15 3. Am 8. Mai in der Abenddämmerung erschien die Zeitung. 
Einen Blick hinein, und der Bauer fand, was er finden wollte: 
„Roggen acht Thaler.“ Da zitterten ihm die Glieder vor Freude. 
Er nahm ein Licht, ging auf den Boden und wollte übersehen, wie 
viel er wohl verkaufen könnte, und überschlagen, wie gross seine 
20 Einnahme wäre. Indem er so durch die Haufen und gefüllten Säcke 
hinschreitet, strauchelt er und fällt; das Licht fliegt ihm aus der 
Hand und in einen Haufen Stroh, der daneben liegt. Ehe er sich auf- 
raffen kann, steht das Stroh in hellen Flammen. Bald hat das Feuer 
den Dachstuhl und die Dielen ergriffen. Um Nitternacht an dem 
25 Tage, wo der Scheffel Roggen acht Thaler galt, wo er auf seinen Satz 
gekommen war, wo er seinen Boden geöffnet hatte, stand er am 
Schutthaufen seines Hauses als ein armer Mann. Priedr. Anltolã. 
Mann mit zugeknöpften Taschen, dir thut niemand was zu lieb. 
Hand wird nur von Hand gewaschen; wenn du nehmen willst, so gieb! 
1 Joh. Wolfg. v. Goethe. 
100. Sparsamkeit ist nicht Geiz. 
Zwei Einwohner eines abgebrannten Dorfes gingen von Ort zu Ort, 
um milde Gaben für dieses einzusammeln. Da kamen sie zu einem 
großen Bauernhofe, wo der Bauer eben vor der Thür stand. Er ver— 
z wies es einem Knechte ernsthaft, daß er die Stricke, woran die Ochsen 
gespannt wurden, über Nacht im Regen gelassen habe und die Sachen 
nicht besser verwahre. Da sie dies von weitem hörten, sagte einer zum 
andern: „O weh, dieser Mann ist geizig; da wird's nicht viel geben!“ 
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