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3. „Auch Denkmäler‘) sind Totenmäler. Mitten im flüchtigen
Alltag, in der Zufälligkeit und Enge des Daseins eröffnen sie einen Aus-
blick ins Ewige.“ ?) Sollen sie das, so müssen sie vor allem ihrem ideellen
Werte nach aufgefaßt werden. Sie sprechen ihre eigene Sprache, die sich
aus geschichtlichen, ästhetischen und gemütbildenden Elementen zusammen-
setzt. Unsere Aufgabe ist es, die Kinder diese Sprache verstehen zu lehren.
Es ist das nicht so einfach, In erster Linie ist notwendig, daß wir selbst
uns darüber klar sind, was uns das Denkmal mit jedem seiner Teile zu
sagen hat. Wir müssen uns in die Gedankenschönheit und Formvollendung
hineinleben, hineinschauen, verlieben. Dann geht uns mit dem Auge das
Herz auf und wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. Wichtig ist,
daß wir dabei die Sprache des Kindes treffen, oder noch besser, daß wir
die Kinder durch anleitende Fragen oder bloße Fingerzeige dazu bringen,
daß sie sich selbst zum Verständnis des Denkmales emporarbeiten, daß sie
es erleben. Erreichen wir das, dann — und erst dann — sind diese Denk-
mäler das, was sie sein sollen und sein wollen. Ich habe in meiner Arbeit
nur kurze Fingerzeige für die Besprechung der Denkmäler geben können. Ich
verweise aber auf die Broschüre von k, u. k. Generalmajor Franz Rieger:
„Das Deutschmeisterdenkmal und die Denkmalkunst in Wien“ %), die eigent-
lich in jedes Geschichtslehrers Hand sein sollte, da sie in jeder Beziehung
vorzüglich ist und insbesondere in der oben angedeuteten Richtung bahn-
brechend zu wirken vermag.
Nur ein kleines Pröbchen:: Das Schillerdenkmal ; davon der J üngling, (Die vier Figuren
an den Ecken werden als die vier Lebensalter gedeutet; sie sind aber auch die Verkörperung
der Hauptgestalten aus dem „Liede von der Glocke.“) Ein kräftiges Bürschchen mit
unschuldsvollem Gesicht und lockigem Haupte! Wanderstab zur Reise ins Leben. Hut
mit Eichenlaub (was deutet es an?); Ränzel mit dem Notwendigsten; auch ein Buch:
gewiß ein Gebetbuch, das ihm die Mutter noch. im letzten Augenblicke (warum gerade
dann?) hineingesteckt hat. Ausdruck der Ungeduld. (Er stützt sich auf den Stab, will
sich aufrichten, will fort; man glaubt auf dem Lockenhaupte noch die Spur der ‚seynen-
den Mutterhand zu erblicken.) „In den Ozean schifft mit tausend Masten der J üngling....“
Il. Und nun wenden wir uns dem zweiten Quellgebiet zu, dem
Museum *), dessen Wertigkeit in Betracht der Veranschaulichungskraft von
vorneherein einleuchtend ist.
A. Lichtwark sagt in dem Essay „Museen als Bildungsstät-
ten“5): „In der künftigen Bildung unseres Volkes. für die wir neue Grund-
*) Vgl. Dr. Kerschbaumer A., Wahrzeichen Niederösterreichs. (Kirsch—Wien.)
” Lux, a. a, O0. 8. 85.
®) Separatabdruck aus dem Jahrg. XXX der „Monatsblätter des Wissenschaftl.
Klubs in Wien“ v. 81./X. 1908. Auch im „Pädagogischen Jahrbuch, XXX. Band, S. 91 u. ff,
*) Ich habe nur jene Sammlungen aufgenommen, die unentgeltlich und zu
bequemer Zeit zur Verfügung stehen. Die anderen wurden im Anhang aufgeführt
und ich bitte, dort davon Kenntnis zu nehmen.
°) A. Lichtwark: „Die Grundlagen der künstlerischen Bildung“. Band V, (S. 105.)
Vgl.: Dr. E. Utitz, Moderne Museumsfragen. (Heft 6, Band XXI der „Österr. Rundschau“