Aristokratie. 
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fcimeut, Kammer und Senat, ferner die schweizerische Eidgenossen¬ 
schaft. Die mittelbare Demokratie stellt gegenüber der unmittel¬ 
baren einen Fortschritt dar, weil die Bildung des Staatswillens 
erheblich leichter gesichert erscheint. Aber auch bei ihr spielt die 
Rücksichtnahme auf die Neigungen und Meinungen der Wähler 
eine große Rolle. Abhilfe ist schwierig, Beseitigung von Mi߬ 
ständen schwer, weil selbst bei Ablehnung der Dreiteilung in Ge¬ 
setzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung die letzte Ent¬ 
scheidung in der repräsentativen Demokratie nur bei der gesetz¬ 
gebenden Gewalt liegen kann. Die unmittelbare wie die mittel¬ 
bare Demokratie ist gewöhnlich verbunden mit dem Parlamen¬ 
tarismus, bei dem die oberste Herrschaft beim Volke liegt und 
auch die Regierung nur als ein Ausschuß der parlaments- 
majorität erscheint. 
Bei der Aristokratie ruht die Staatsgewalt in einer herr¬ 
schenden Klasse oder einem herrschenden Stamme, der allein poli¬ 
tische Rechte hat und ausübt, während die übrigen beherrscht 
sind. Die Entstehung der Aristokratie kann verschiedene Ursachen 
haben, es kann sich ein kleines Volk über ein großes erheben oder 
auch ein bestimmter Stand sich moralisch, intellektuell oder durch 
materielle Macht eine bevorzugte Stellung über alle anderen 
Stände zu verschaffen gewußt haben. Es können sowohl die 
kriegerischen Klassen zur Macht gelangen als auch die großen 
Grundherren oder reiche bfandelsherren. Die aristokratische 
Staatsform hat immer die Tendenz, erblich zu werden, aber nicht 
in einer einzelnen Familie, sondern in einer ganze Familien um¬ 
fassenden Gruppe. Die aristokratische Staatsform hat mit der 
Aristokratie eines Landes an sich garnichts zu tun. Zu dieser 
können diejenigen gehören, die durch vornehme Abstammung, 
großes Vermögen, besondere Rasseeigentümlichkeiten eine bevor¬ 
zugte Stellung in der gesellschaftlichen Stufenleiter einnehmen 
oder auch im Staate durch ihre Glieder eine gewaltige Beein¬ 
flussung bewirken. Dagegen ist die Aristokratie als Staatsform 
nur davon abhängig, daß eine bestimmte Gruppe oder ein 
Stand die Macht an sich reißt. Allerdings pflegt dann durch die 
besondere Ausschließlichkeit, durch die Differenzierung der Tätig¬ 
keiten und durch die höheren politischen Aufgaben eine gesell¬ 
schaftliche Verfeinerung der an der aristokratischen Herrschaft 
Beteiligten sich herauszubilden. Der wert der Aristokratie als 
^taatsform ist sehr gering, weil sie auf selbstsüchtigen Trieben
	        
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