J. Grundbegriffe der mathematischen Geographie.
f§. 1. Hoxizont. Weltgegenden.
Wenn wir uns an einem Orte befinden, von welchem wir nach
allen Seiten eine freie Aussicht haben (auf einer weiten Ebene, auf
einem hohen Berge oder auf dem Meere), so scheint es uns, als
befänden wir uns in der Mitte einer großen Kreisflhäche —
Gesichtsfeld —, auf welche sich allseitig der Himmel herabwölbt.
Die Linie, welche unser Gesichtsfeld begrenzt, und in welcher sich
Himmel und Erde scheinbar berühren, ist eine Kreislinie. Wir
nennen sie den Gesichtskreis oder Horizont.
Jeden Tag sehen wir die Sonne sich über den Horizont bis zu
einer gewissen Höhe am Himmel erheben, dann sich wieder gegen den
Horizont herabsenken und untergehen.
Jene Gegend des Horizontes, wo die Sonne aufgeht, nennen
wir Morgen oder Osten (Oriend), die entgegengesetzte, wo sie unter—
geht, Abend oder Westen (Occident); jene Gegend des Horizontes,
über welcher die Sonne bei uns mittags steht, heißt Mittag oder
Süden, die entgegengesetzte, wohin bei uns mittags der Schatten fällt,
Mitternacht oder Norden. Diese vier Richtungen nennt man die vier
Haupthimmelsrichtungen. Die zwischen ihnen liegenden heißen
Nordost, Nordwest, Südwest und Südost.
Um die Lage der Weltgegenden zu erfahren, bedient man sich
des Compasses. Dieser besteht aus einer frei aufgehängten Magnet—
nadel, welche die Eigenschaft hat, immer nach Norden zu zeigen. Wenn
man aber die Lage einer Weltgegend kennt, so weiß man auch die
der übrigen. Wendet man das Gesicht nach Süden, so hat man hinter
sich Norden, links Osten und rechts Westen.“
In welcher Richtung liegen vom Schulzimmer aus die vier Weltgegenden?
Auch am Himmel kann man des Nachts die Weltgegenden auffinden. Wenn
man nämlich die Linie, welche die beiden hinteren Räder des Sternbildes des
großen Wagen (oder Bären) verbindet, nach aufwärts verlängert, so trifft man auf den
Polarstern. Zieht man vom Polarstern eine Linie in gerader Richtung auf den
Horizont herab, so trifft man den Nordpunkt. Die wahren Ost- und Westpunkte sind
die Orte des Sonnenauf- und Unterganges am 21. März und 23. September.
8. 2. Gestalt der Erde.
Wenn wir auch auf einem Punkte stehen, der eine freie Aussicht
hat, so können wir doch nur einen sehr kleinen Theil der Erdober—
Herr's Geographie, J. 16. Aufl.