Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 7)

80 Siebente Periode. Von 1789 bis zur Gegenwart. — Erster Abschnitt. Von 1789 —1815. 
dorcet, Guadet, Roland und seine ihm geistig überlegene, aber 
schwärmerische und verbildete Frau), die ihr Staatsideal aus Rous¬ 
seau und den antiken Republiken entnahmen. Ihr Ziel war die 
Zertrümmerung des Königtums und die Aufrichtung der Republik 
und der Krieg gegen Europa, nicht, wie Brissot sich stellte, der 
revolutionären Propaganda wegen, sondern weil sie den Krieg 
für jenen ersten Zweck brauchten, um durch ihn die revolutionären 
Leidenschaften anzustacheln. Das Treiben der Emigranten an den 
Höfen der deutschen Fürsten, besonders der rheinischen Kurfürsten, 
war für die Gironde der willkommene Anlafs das Vaterland für 
gefährdet zu erklären und zwar durch den König und seine 
Helfershelfer. Auch von andrer Seite erklärte sich Frankreich 
für bedroht: zahlreiche deutsche Reichsstände, die im Elsafs, in 
Lothringen und Burgund Besitzungen und Rechte unter fran¬ 
zösischer Hoheit hatten, waren durch die Beschlüsse der Consti¬ 
tuante geschädigt; Kaiser LeopoldIL und Friedrich WilhelmII., 
die zu Reichenbach (in Schlesien n. von Glatz) den alten Streit 
zwischen Österreich und Preufsen beigelegt hatten (1790), erliefsen 
zu Pillnitz (bei Dresden) eine ziemlich allgemein gehaltene Er¬ 
klärung zu gunsten Ludwigs XVI. (1791). Jedoch der Kaiser war 
im Grunde einem thatkräftigen Eingreifen zur Niederwerfung der 
Revolution und zur Herstellung des alten Zustandes abgeneigt. 
Gerade darum aber trieb die Gironde immer eifriger zum Kriege 
und nötigte dem Könige ein girondistisches Ministerium auf 
(Dumouriez, Roland). Von diesem gezwungen erklärte Ludwig 
thränenden Auges dem Sohne und Nachfolger LeopoldsII. Franz II., 
dem fanatischen Gegner aller revolutionären und konstitutionellen 
Grundsätze, im April 1792 den Krieg. Nun seines Unterganges 
gewifs fand der bisher so schwache König den Mut eines Helden, 
legte gegen die Beschlüsse der Legislative, die die eidweigernden 
Priester zur Deportation verurteilten, sein Veto ein und zeigte — 
wie auch die Königin -— bei dem Pöbelaufruhr1 am 20. Juni 
todesverachtende Hoheit. Ein neuer Aufruhr am 10. August 
brachte schlimmeres: der Pöbel stürmte die Tuilerien, hauste 
daselbst mit Mord und Brand, der König flüchtete mit seiner 
1) Seit Anfang 1792 war die Pike die gewöhnliche Waffe der Proletarier.
	        
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