Full text: Neuere Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Bd. 2)

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§ HO. Napoleon auf der Höhe seiner Macht 180.8—1811. 
und Danzig an der Ostsee, ferner Holland und Belgien, Frankreich bis an den Rhein, 
Teile der Schweiz, Savoyen, Piemont, Parma, Toskana und den um Rom ge- 
legenen Teil des Kirchenstaates, endlich noch die Jllyrischen Provinzen mit Dal- 
matten und den Jonischen Inseln. 
Dazu kamen als Vasallenstaaten: der Rheinbund nebst dem Herzogtum 
Warschau, die Republik Schweiz und das Königreich Italien (bestehend aus Süd- 
tirol Mailand, Modena, Venedig und dem am Adriatischen Meere liegenden Teil 
des Kirchenstaates), ferner das Königreich Neapel (oder Unteritalien) und das 
Königreich Spanien. Auch Preußen und Österreich waren Napoleons Gewalt so- 
weit unterworfen, daß er ihnen Heeresfolge auferlegen konnte. Rußland, Däne- 
mark und Schweden galten als Verbündete Frankreichs. Die schwedischen Stände 
wählten 1810 sogar den französischen Marschall Johann Bernadotte zum einstigen 
Thronfolger ihres kinderlosen Königs Karl XIII. 
6. Napoleons Wersch,vägernng mit Kaösöurg 1810. Um 
seinem Hause die Ebenbürtigkeit mit den anderen europäischen Herrscher- 
familien zu erwerben, faßte Napoleon den Plan, sich mit einem bej 
vornehmeren Fürstengeschlechter zu verschwägern. Der Umstand das; 
seine Ehe mit Josephine Beauharnais kinderlos geblieben luav. Diente 
ihm zum Vorwande, dieselbe zu lösen, wozu er strotz des Widerspruches 
de^ Papstes und ungeachtet des Kirchenbannes) die Beistimmung des 
Senates wie auch der Panier Geistlichkeit zu gewinnen wußte. 
Nachdem er die schon eingeleitete Bewerbung um die Schwester des 
3c,rpn Alexander wieder aufgegeben hatte, ließ er in Wien (durch 
Marschall Berthier, den „Fürsten von Wagram") um dte Hand der 
Marie Luise, der ältesten Tochter des Kaisers Franz I., anhalten. Die 
Macht der Verhältnisse überwand alle Bedenken. Am 2. April 1810 
erfolgte in Paris die Vermählung. 
Am 20~ März 1811 kam ein Thronerbe zur Welt, dem sein Vater den Namen 
jKflhsteon gab'nnd den stolzen Titel eines „Königs von Rom" in die Wiege legte. 
Nun schien die Erhaltung der Dynastie Bonaparte gesichert. Napoleon stand um 
diese Zeit auf dem Gipfel der Machtfülle, des Glückes und des Ruhmes 
7. Vorzeichen eines Umschlags. Wohl verfügte Napoleon über 
eine Herrschaft, wie sie vor ihm kein Kaiser besessen; aber er regierte 
mit tyrannischer Willkür, durch Krieg und Waffengewalt. Nirgends mehr • 
Friede, nirgends mehr Freiheit. ^ckM_begann der Boden unter semen 
Mßenzuwanken. 
a) Frankreich seufzte unter der Last der Steuern und Monopole; der Handel 
litt unter dem einseitigen Zwange der Hafensperre. Die unaufhörlichen Aus¬ 
hebungen erregten überall Unmut und Widerwillen. Um den Delpoten stand er 
wohldienerischer Adel von Emporkömmlingen. Die Staatsgefangmße aber füllten 
sich wieder mit Unzufriedenen aller Art. Die geistigen Kräfte der Nation zeigten 
sich dem neuen Absolutismus vielfach abhold, so namentlich alle bedeutendere 
Schriftsteller, wie Chateaubriand, Madame Stael, Joseph Chenier. ie. irche un
	        
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