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Oesterreichischer Erbfolgekrieg. §. 23.
(1740—1780) die Regierung in Oesterreich, Ungarn und Böh¬
men antrat, machte Kurfürst Karl Albert von Baiern, als Nach¬
komme Anna’s, der Tochter Kaiser Ferdinand’s I., Ansprüche
auf die österreichischen Länder geltend. Trotz der pragmatischen
Sanction unterstützten die bourbonischen Höfe in Frankreich und
Spanien diese Ansprüche, um sowohl dem Gemahl der Maria
Theresia, dem Herzog Franz von Lothringen, die deutsche Krone
zu bestreiten, als das Reich zu einer Dependenz von Frankreich
zu machen.
Diesen Zeitpunkt benutzte Friedrich II., der Grosse, zur
Eroberung Schlesiens, um Preussen die weltgeschichtliche
Stellung zu erkämpfen, zu welcher der grosse Kurfürst den Grund
gelegt hatte. Zur Begründung alter Ansprüche Brandenburgs auf
die schlesischen Fürstenthümer Liegnitz, Brieg, Wohlau und
Jägerndorf liess er ein Manifest veröffentlichen und machte in
Wien Vergleichsvorschläge (Unterstützung Maria Theresia’s gegen
Baiern, Erwählung ihres Gemahls zum Kaiser gegen Abtretung
von Niederschlesien), die jedoch entschieden zurückgewiesen
wurden.
Die Ansprüche des Hauses Brandenburg auf die drei schlesischen Fürsten¬
thümer Liegnitz, Brieg und Wohlau gründeten sich auf eine Erbver¬
brüderung , welche Kurfürst Joachim II. mit dem Herzoge Friedrich von
Liegnitz und Brieg abgeschlossen hatte (1537). Zwar hatte später der
grosse Kurfürst auf alle seine Ansprüche an Schlesien zu Gunsten Kaiser
Leopold’s I. gegen Ueberlassung des Schwiebuser Kreises verzichtet und der
damalige Kurprinz Friedrich sich durch einen geheimen Vertrag verpflichtet,
Schwiebus nach seines Vaters Tode gegen Entschädigung an den Kaiser
zurückzugeben, was auch (für die Anwartschaft auf Ostfriesland u. s. w.)
geschehen war. Nun behauptete Friedrich II., jene Verpflichtung des Kur¬
prinzen sei erschlichen und ungültig und mit der Rückgabe des Schwiebuser
Kreises seien die Ansprüche Brandenburgs auf die drei schlesischen Fürsten¬
thümer wieder hergestellt. — Das Fürstenthum Jägerndorf war durch
Kauf an die Ansbachische Linie und nach dem Tode des Markgrafen Georg
Friedrich (1603) durch Erbschaft an die Kurlinie gekommen, und Kurfürst
Joachim Friedrich hatte es seinem zweiten Sohne (Joachim Georg) über¬
geben, welcher im Anfänge des 30 jährigen Krieges, als Haupt der Protestanten
in Schlesien, in die Acht erklärt wurde und das Fürstenthum verlor.
Den ersten schlesischen Krieg, 1740—1742, begann
Friedrich II. ohne alle Bundesgenossen mitten im Winter mit
der schnellen Eroberung des fast wehrlosen Schlesiens bis auf
einige Festungen in Oberschlesien. Ein aus Mähren anrückendes
österreichisches Heer (unter Graf Neipperg) ward beiMollwitz
(unweit Brieg, 10. April) 1741 geschlagen, wo der Feldmarschall
Schwerin den Sieg entschied, während der König schon in die