Metadata: [Abtheilung 2 = (Quarta, Tertia), [Schülerband]] (Abtheilung 2 = (Quarta, Tertia), [Schülerband])

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waltigen Riesen, den Polyphem in die Höhle treten. Er trieb seine 
Herde in die Ställe, mellte die Thiere und wälzte einen ungeheuren 
Felsblock vor den Eingang der Höhle; nicht zweiundzwanzig Wagen 
hätten ihn von der Stelle schaffen können, so schwer war er. Dann 
zündete er ein Feuer an, und in dem hell leuchtenden Scheine des— 
selben erblickte er auf einmal die Fremden. „Wer seid ihr?“ fuhr 
er sie an. „Woher kommt ihr, und was ist euer Gewerbe?“ Odys— 
seus nahm sich ein Herz und entgegnete: „Griechen sind wir, die von 
Troja kommen und durch ungünstige Winde hierher verschlagen wur— 
den. Unser Schiff wurde an den Klippen zerschellt. Flehend nahen 
wir deinen Knieen und bitten um ein freundliches Gastgeschenk.“ 
Aber der Cyklope ergriff zwei der Gefährten des Odysseus und schleu— 
derte sie gegen den Felsen, daß ihr Gehirn durch die Höhle spritzte. 
Dann zerhackte er sie, bereitete sie zur Speise und verzehrte sie Glied 
für Glied als Abendimbiß. Nachdem er sich aber gesättigt hatte, 
legte er sich der Länge nach in der Höhle nieder und schlief ein. 
Da überlegte Odysseus, ob er nicht sein Schwert ziehen und dem 
Ungeheuer den Kopf vom Rumpfe trennen sollte. Aber wer hätte 
ihnen den schweren Felsblock vom Eingange der Höhle weggeräumt? 
Trostlos verbrachte er die Nacht mit seinen Gefährten und sann auf 
einen neuen Rathschluß. 
Anm nächsten Morgen that Polyphem mit zwei anderen Gefähr— 
ten des Odysseus, wie er abends zuvor gethan. Dann trieb er die 
Herde hinaus und legte den Felsblock vor die Höhle, damit ihm 
niemand entrinne. In der Höhle aber lag eine gewaltige Keule, 
groß wie ein Mastbaum. Von dieser hieb Odysseus einen Pfahl ab 
und ließ ihn durch seine Gefährten glätten; er selber spitzte ihn 
vorne zu und versteckte ihn dann unter dem in der Höhle lagernden 
Miste. Als Polyphem zurückkam, verspeiste er zum dritten Male 
zwei Gefährten. Da aber trat Odysseus auf ihn zu und forderte 
ihn auf, seines herrlichen Weines sich zu letzen. Der Cyklope trank, 
und da der Wein ihm mundete, so trank er zum zweiten und zum 
dritten Male. Dann sprach er: „Ich will dir ein Gastgeschenk 
geben, o Fremdling; sage mir also, wie du heißest. „Niemand 
heiße ich,“ entgegnete Odysseus; „Niemand nannten mich Vater 
und Mutter, Niemand nennen mich meine Gefährten.“ „Gut denn, 
so will ich von allen zuletzt dich verzehren — das möge dein Gast—
	        
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