— 198 —
sie schlossen sich immer mehr durch Begrenzung’ der Zahl
der Meisterstellen a b (im ganzen erfolglose. Lohnkämpfe der
organisierten Gesellen gegen die Meister), besonders die reichen
Zünfte steigerten durch Ringbildung die Preise und wollten an¬
dererseits kleine Staaten im Staate werden. Ein beträchtlicher
Teil der Handwerker, dem das nötige Kapital fehlte, wurde in
niedere Zünfte, z. B. die Krämerzunft, abgedrängt; viele wurden
auch wirtschaftlich von „ Verlegern11 abhängig. Die Stadtregie-
rungen waren vielfach, teilweise schon infolge der grossen
Zahl der Katsmitglieder, selbstsüchtig, hart und bestrebt,
die Lasten möglichst auf die wirtschaftlich Schwachen abzu¬
wälzen. Dieses Missregiment, sowie der Gegensatz einer
grossen Anzahl Besitzloser (worunter auch landwirt¬
schaftliche Bevölkerung und Tagelöhner) und einer Minder¬
heit Hoch vermögen der, teilweise auch der zwischen Voll¬
bürgern (Census) und Halbbürgern, führte seit der Mitte des
XV. Jahrhunderts in sehr vielen Städten zu Erhebungen der
Gemeinen gegen den Rat, die häufiger zu schweren Aus¬
schreitungen (nicht selten Justizmord von Ratsherren) führten,
als die früheren, im allgemeinen und besonders im Vergleich mit
Italien mild verlaufenen Kämpfe der Zünfte gegen die Ge¬
schlechter. Mit der wachsenden Kapitalbildung kamen Banken
(in Frankfurt 1403 schon 4) auf, vor allem aber auch Handels¬
gesellschaften, bald auch zu dem Zweck, den Handel mit
gewissen Gegenständen, teils ausländischen Waren, besonders
Gewürzen, teils einheimischen Erzeugnissen, zu monopolisieren.
Wie sogar Dienstboten sich an solchen Gesellschaften irgendwie
zu beteiligen strebten, so sah man um die Wende des Mittel¬
alters und der Neuzeit mit Uebertreibung in den grossen Handels¬
gesellschaften die Hauptursache der eingetretenen, sehr merklichen
Verteuerung des Lebens. Gegen Ende des Mittelalters war schon
ein übergrosser Andrang zum Klein- und Zwischenhandel zu be¬
klagen.
Jede Stadt war in ihrer Wirtschaftspolitik bestrebt, ein
abgeschlossenes Wirtschaftsgebiet zu sein und ihren vollberech¬
tigten Angehörigen auf Kosten der Fremden möglichst grosse
Vorteile zu sichern (Stapelrecht; Bannrechte). Das platte Land
wurde möglichst ausgebeutet.
Die Bevölkerung, auch der grossen Städte, war im Vergleich zu
heute jedenfalls klein. Nach Schätzungen hatte um 1800—1350 Lübeck
70—80000 (?), um 1450 Nürnberg 26 000, Basel und Frankfurt 10 000, um 1475
Strassburg 26 000 Einwohner. In Südwestdeutschland waren gegen Ende des
Mittelalters die bedeutendsten: Strassburg, Augsburg, Nürnberg,
Ulm; Mainz, noch im XIII. Jahrhundert die grösste Stadt, war von ihnen
überflügelt. Die am meisten betriebenen und für den Handel wichtigsten