Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

§83 
Thüringen. 
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Naumburger und Merseburger Stiftslanden, den Neustädter Kreis und den 
albertiuischen Anteil an dem einstigen Henneberger Erbe mit Schleusingen 
und Suhl. Durch alle diese Erwerbungen, von denen nur ein kleiner Teil 
an S.-Weimar abgetreten wurde (f. unten), wurde der preußische Anteil 
an Thüringen aufs vorteilhafteste abgerundet und mit dem übrigen Preußen 
verbunden. Mit den übrigen von Sachsen abgetretenen Landesteilen, soweit 
sie nicht, wie Teile der Lausitzen und des Wittenberger Kurkreises, zu 
Schlesien oder Brandenburg gezogen wurden, der Altmark und dem Magde- 
burger Stiftsgebiete bildet er seitdem die Provinz Sachsen, von deren Provinz 
drei Regierungsbezirken Erfurt ganz und Merseburg in seiner westlichen Hälfte Sachsen, 
(links der Saale) aus thüringischem Gebiete besteht. 
Für die Zukunft Thüringens wurde diese Entwicklung von größter Be- Bedeutung, 
deutung. Denn indem feine Bewohner zu einem großen Teile Bürger des 
wichtigsten deutschen Staates geworden waren, wurden sie und mit ihnen 
der ganze thüringische Stamm wieder aufs engste mit dem politischen und 
wirtschaftlichen Gesamtleben der Nation verknüpft, dem sie durch die einzel- 
staatliche Absonderung so lange entfremdet gewesen waren. Mit den politisch 
unbedeutenden Kleinstaaten blieben zwar auch weiter deren hohe Kultur- 
aufgaben bestehen; aber infolge der engeren Berührung mit Preußen traten 
jetzt neben sie die großen nationalen Aufgaben und Ziele Deutschlands, deren 
Träger Preußen werden sollte, vor allem die der nationalen Einigung. So 
ist denn im 19. Jahrhundert an den inneren Arbeiten und Kämpfen Deutsch- 
lands, vor allem dem großen Verfassungs- und Einigungswerke, auch 
Thüringen hervorragend beteiligt gewesen, ohne daneben die stillere Arbeit 
an der Erfüllung feiner Kulturmission zu vergessen. Daneben aber hatte der 
Eintritt Preußens in die Reihe der thüringischen Staaten zur Folge, daß die 
kleinen Staaten Thüringens gezwungen wurden, sich in wirtschaftlicher Beziehung 
enger an den mächtigen Nachbar anzuschließen. Sollte ihr wirtschaftliches 
Leben nicht in der Umklammerung Preußens erdrückt werden, so galt es nun- 
mehr, jenem in politischer Beziehung die Führung zu überlassen und mit ihm 
zusammen ein gesamtthüringisches Wirtschaftsgebiet zu schaffen. Erst allmählich 
freilich erkannten die thüringischen Staaten, die bisher mehr von Sachsen ab- 
hängig gewesen waren, diese Notwendigkeit; am ersten diejenigen, die, wie 
Weimar und Gotha, mit einem großen Teile ihres Gebiets an Preußen an- 
grenzten oder, wie die beiden Schwarzburgischen Länder mit ihren Unterherr- 
schasten, sich ringsum von preußischem Gebiete umschlossen sahen. (Vgl. § 91. 
Einen wesentlichen Gebietszuwachs erhielt im Anschlüsse an die Fran- 
zosenzeit S.-Weimar-Eisenach. In Anerkennung der militärischen Ver- Erzherzog.- 
dienste Karl Augusts im Kampfe gegen Napoleon und wegen seiner ver- ^ 
wandtschastlichen Beziehungen zu dem Zaren (vgl. § 68, Fußnote! wurde er 'Eisenach"' 
zum Großherzog erhoben und erlangte durch einen besonderen Vertrag mit 
Preußen eine Vergrößerung seines Landes, die indessen, statt die erwünschte 
Abrundnng zu gewähren, dessen Zerrissenheit nur noch vermehrte. Neben 
verschiedenen kleineren Stücken kam der 1567 an die Albertiner abgetretene 
Neustädter Kreis, von dem indessen Preußen das Amt Ziegenrück behielt, 
ferner von dem Fürstentum Erfurt dessen Ostrand, die Herrschaften Blanken- 
Hain, Nieder-Kranichfeld und Tautenburg an Weimar; dazu kamen endlich 
in der Rhön, wo Weimar schon von der Henneberger Erbteilung her einige 
kleinere Gebiete besaß, verschiedene Teile des einstigen Bistums Fulda, das, 
1803 säkularisiert, zuletzt zum Großherzogtum Frankfurt gehört hatte und-
	        
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