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Das Zeitalter der Verfassungs- und Einheitskämpfe
schließen. Da beantragte am i. Juni 1866 Österreich beim Bundes¬
tag die Erledigung der schleswig-holsteinischen Frage. Diese betraf
aber nach Bismarcks Auffassung nur Preußen und Österreich, an
welche die Herzogtümer abgetreten waren. Als Gablenz die holsteini¬
schen Stände allein berief, die nur in Verbindung mit den schles-
wigschen tagen konnten, erklärte Preußen die Verträge für gebrochen.
Anfang Juni rückten die Preußen in Holstein ein. Darauf beantragte
Österreich völlig ungesetzlicherweise die Mobilmachung der Bundes¬
truppen gegen Preußen; der Antrag wurde am 14. Juni mit einer
Majorität von neun gegen sechs Stimmen angenommen. Wegen
der schleswig-holsteinischen Frage allein wollte aber Bismarck es
nicht zum Kriege kommen lassen; die weit wichtigere deutsche
Frage sollte den letzten Anlaß geben.
Preußenu. Um den Bund zu reformieren, hatte 1863 der Kaiser von Öster-
aufedemh reich die deutschen Fürsten zu einer Konferenz nach Frank-
Bundestage f -q r t geladen, um als ihr Oberhaupt die deutsche Frage in Fluß zu
bringen und dabei Preußen zu überstimmen. Aber Bismarck be¬
wirkte, daß der König die Einladung ausschlug. Da Preußen an
den Frankfurter Konferenzen nicht teilnahm, hatten sie kein Er¬
gebnis. Nach der vorübergehenden Einigung zu Gastein brach der
Zwist wieder aus, Bismarck stellte am 9. April 1866 beim Bund den
Antrag auf Berufung eines deutschen Parlaments und legte am 10. Juni
den Entwurf einer gesamtdeutschen Bundesverfassung vor, die eine
Einigung Deutschlands durch Preußen ohne Österreich vorsah. Da
sich gegen den preußischen Antrag Widerspruch erhob, erklärte am
14. Juni der preußische Gesandte den Bundes vertrag für gebrochen
und Preußens Austritt aus dem Bunde. Das war der casus belli.
Den Oberbefehl über die preußische Armee übernahm König
Wilhelm. Den Feldzugsplan hatte der Generalstabschef Helmuth
von Moltke entworfen.
Moitke Moltke war von Geburt Mecklenburger (geb. zu Parchim); er
1800—1891 ers{ jn dänischen Diensten gestanden, war aber 1822 in die
preußische Armee übergetreten. Ende der dreißiger Jahre richtete
er das türkische Heer neu ein (§ 148). In der Heimat wurde er
dann als militärischer Reiseschriftsteller bekannt. Zum Prinzen
Wilhelm trat er als Adjutant in nähere Beziehung. Dieser ernannte
ihn sofort bei dem Beginn seiner Stellvertretung 1857 zum General¬
stabschef.
Der große Stratege war tief von nationalem Geiste beseelt. Er
wußte mit rascher Überlegung und doch erstaunlicher Ruhe die
Schlachten zu leiten, die er durch seine genialen Feldzugspläne zur
rechten Zeit und am rechten Orte zum Ausbruch kommen ließ.
Im Genüsse unbegrenzten und nie getrübten Vertrauens stand der
ganz von müitärischem Geiste erfüllte „große Schweiger“ König
Wilhelm näher als irgendein anderer seiner Ratgeber.