124 J. Allerlei Geschichten.
Morgen bis zum späten Abend. „Der Sommer gefällt mir nicht,“
klagte der Esel, „ieh wollte, es wäre schon Herbst!“
Der Herbst brach an. Apfel, Trauben und andre hrüchte
wurden reif, und Holz und Wintervorrat mubten eingesammelt
werden. Nun jammerte Langohr erst recht, daß doch der Winter
kommen möchte, damit es endlieh besser würde. G. Gurche.
208. Der dankbare Löwe.
EVin armer Sklave, der seinem Herrn entlaufen war, wurde
zum Tode verurteilt. Man brachte ihn auf einen groben, weiten
Platz, der mit Mauern umgeben war, und liebß einen furchtbaren
Lõwen auf ihn los. Mehrere tausend Menschen sahen zu.
Der Löwe sprang grimmig auf den armen Menschen zu —
blieb aber plötzlich sfehen, wedelte mit dem Schwanze, hüpfte voll
Freude um ihn herum und leckte ihm freundlieh die Hände. Die
Leute wunderten sich und fragten den Sklaven, wie das komme.
Der Sklave erzählte: „Als ich meinem Herrn entlaufen war,
verbarg ieh mich in einer Höhle der Wüste. Da kam dieser Lowe
winselnd zu mir herein und zeigte mir seine Tatze, in der ein
scharfer Dorn steckte. Ieh zog ihm den Dorn heraus, und von
der Zeit an versah mich der Löwe mit Wildbret, und wir lebten
in der Höhle friedlich zusammen. Bei der letzten Jagd wurden
wir voneinander getrennt und beide gefangen, — und nun freut
sich das gute Tier, mich wiederzufinden.“
Alles Volk war über diese Dankbarkeit eines wilden Tieres
entzückt und rief laut: „Bs lebe der wohbltätige Menseh und den
dankbare Lõöwe!“ Der Sklave wurde freigesprochen und reichlich
beschenkt. Der Löwe aber begleitete ibn vom Richtplatze wie
ein zahmes Händehen und blieb, ohne jemand ein Leid zu tun
immer bei ihm. Chr. v. Schmid.
Die Damkbarsteit bamn uwilde Tiere elllimen,
laß dich, mein Kind, von ihnen niehit beschämen!
209. Klugheit eines Elefanken.
Ein Elefant, der so zahm war, daß er in den Straßen von Neapel
frei umhergehen durfte, wurde manchmal von den Arbeitern am Königlichen
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