Full text: Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) (Teil 3)

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Nach viertägigen Kämpfen zog sich der Feldmarschall Graf 
Radetzky aus der Stadt, um die in der Lombardei zerstreut 
liegenden Besatzungen an sich zu ziehen und zwischen Mantua, 
Peschiera und Verona eine gesicherte Stellung zu nehmen. 
Inzwischen schlugen sich die übrigen festen Plätze zu den Auf- 
ständischen: auch das wichtige Venedig ging verloren, wo der 
Advocat Manin die Republik ausrief und sich an deren Spitze 
stellte: nach dem Schweigen eines halben Jahrhunderts 
galt der heilige Markus wieder als Symbol der Unabhängig- 
keit der Lagunenstadt. Radetzky befand sich Anfangs in einer 
üblen Lage, als Karl Albert mit einem überlegenen Heere 
heranzog, während er nur 35000 Mann hatte und durch den 
Abfall Venedigs und einen drohenden Aufstand in Wälsch- 
tyrol von Wien abgeschnitten war. Zum Glück für Radetzky 
war der Sardenkönig zwar ein tapferer Soldat, aber kein 
Feldherr. Er wollte die Lombardei durch Unterhandlungen 
gewinnen und seine Streitkräfte für weitere Unternehmungen 
ungeschwächt erhalten. Dadurch bekam Radetzky Zeit, ein 
Hülfscorps von 19000 Mann an sich zu ziehen und seine 
Truppen mit der Kraft und Zuversicht zu erfüllen, die ihn 
selbst, den zweiundachtzigjährigen Heldengreis, beseelte. Als 
Karl Albert endlich am 9. Mai einen Angriff bei Santa Lucia 
machte, scheiterte derselbe an dem tapferen Widerstande und 
der günstigen Stellung der Oestreicher. Am 29. Mai wurde 
eine toscanische Division fast gänzlich aufgerieben, dagegen 
siegten die Sarden am 30. Mai bei Goito, wo Joseph Gari- 
baldi *) an der Spitze seiner Alpenjäger den Oestreichern am 
Fuß der Alpen jeden Schritt streitig machte - und durch seine 
kühnen Märsche, seine persönliche Tapferkeit und den begeistern- 
den Eindruck auf seine Schaaren den Grund zu seiner Be- 
rühmtheit legte. Nachdem Radetzky, in der festen Hoffnung 
auf endlichen Sieg, einen Waffenstillstand, den der östreichische 
Hof beabsichtigte, hintertrieben hatte, eroberte er Vincenza und 
* Er wurde 1807 zu Nizza geboren, wurde Seemann, mußte aber 
wegen Betheiligung an einer Militärverschwörung sein Vaterland ver- 
lassen (1834). Er ging nach Südamerika, wo er im Dienste der Re- 
publik Uruguay eine italienische Legion mit Auszeichnung befehligte. Im 
Jahre 1848 kehrte er mit einer Anzahl Gesinnungsgenossen nach Nizza 
zurück, um am Kampfe gegen Oestreich Theil zu nehmen.
	        
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