Full text: Die vorchristliche Kulturwelt (Hauptteil 1)

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Die Römer. 
daran gehen konnten, die Abgefallenen zu bestrafen. Allgemein begriff 
man, daß hier die Entscheidung lag; denn wenn die Punier nicht stark 
genug waren, die Abtrünnigen zu schützen, blieben weitere Aufstände gegen 
die römische Herrschaft ausgeschlossen. Deshalb bot man von beiden Seiten 
211 die äußerste Kraft auf. Als die Römer Capua einschlössen, griff sie 
Hannibal an, wurde aber zurückgeschlagen. Nun suchte er durch einen 
kühnen Zug gegen Rom selbst, das Belagerungsheer von Capua abzu- 
ziehen; doch vergeblich. Die Punier gelangten zwar bis zum dritten 
Meilenstein vor Rom und lagerten am Anw („Hannibal ante portas"); 
aber ein Angriff auf die wohlverwahrte Festung war aussichtslos und die 
Belagerung Capuas ging ununterbrochen weiter. Als die ausgehungerte 
Stadt sich endlich ergab, mußte sie ein schweres Strafgericht über sich 
ergehen lassen. Alle einflußreichen Anhänger Hannibals wurden hinge- 
richtet, die Bürger in Sklaverei verkauft, der Grund und Boden für römisches 
Staatsland erklärt. Ein ähnliches Schicksal bereitete F a b i u s M a - 
210 ximusder Griechenstadt Tarent. Die Mehrzahl der Abgefallenen suchte 
nun die Verzeihung Roms. Da fühlte Hannibal, daß seine Pläne, soweit 
sie auf die Zertrümmerung der italischen Eidgenossenschaft zielten, gescheitert 
waren. Hilfe konnte ihm jetzt nur noch von den außeritalischen Kriegs- 
schauplätzen kommen. 
Gleichzeitig entschlossen sich die Römer zu einer Änderung der Kriegführung. 
Sie sahen endlich ein, daß ihre jährlich neu ausgehobenen Mannschaften, zumal 
bei dem fast völligen Mangel einer geschulten Reiterei, den kampferprobten 
punischen Söldnern im freien Felde Mann gegen Mann nicht recht gewachsen 
waren; auch wirkte es lähmend auf die Oberleitung, daß die Heerführer (Konsuln, 
Prätoren) jährlich wechselten. Deshalb suchten sie sich gleichfalls einen Stamm 
von Berufssoldaten heranzubilden — so fochten z. B. die bei Cannä 
entkommenen Römer größtenteils noch bei Zama (202), also volle 14 Jahre 
später — und ließen ihre bewährten Feldherrn, wie Fabius Maximus, den „Schild 
Roms", Claudius Marcellus, das „Schwert Roms", oder die Scipionen, dauernd 
im Amt, indem sie ihnen den Oberbefehl immer wieder verlängerten. So traten 
den karthagischen Berussoffizieren nun auch römische Berufsfeldherrn 
entgegen, die an Übung und Erfahrung den feindlichen nicht nachstanden. 
3. Die Kämpfe ans den außeritalischen Kriegsschauplätzen, a) In 
Sicilien schloß sich nach dem Tode des den Römern treuen Hieron (t 216) 
das bedeutende Syrakus den Puniern an, wurde aber durch Claudius 
Marcellus trotz der vortrefflichen Verteidigungsmaschinen des Ar- 
ch i m e d e s (s. S. 143) erobert1) und schwer bestraft (212). Mit der 
1) Bei der Erstürmung von Syrakus soll der in eine mathematische Aufgabe ver- 
tiefte Archimedes einem auf ihn losgehenden römischen Soldaten zugerufen haben: 
„Störe mir meine Kreise nicht!" worauf ihn der Römer niederstieß. Aus der eroberten 
Stadt schleppten die Sieger viele Kunstwerke nach Rom, was sie dann bei Tarent (210) 
und später bei Korinth (146), Athen (86) sowie anderen Griechenstädten wiederholten.
	        
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