Unsere Gegner. England 9
sturm aller festländischen Gegner gewachsen und so (Englands Neutra¬
lität gefährlich schien, wurde der Krieg gegen uns gepredigt. 1897 in
der „Saturday Review“: „wenn Deutschland heute vernichtet wird,
so gibt es keinen Engländer, der dadurch morgen nicht um soviel reicher
geworden wäre." Eduard VII. (1900—1907) setzte Wilhelms von Gra-
nien und William Pitts Politik fort, gedachte aber Deutschland ohne
Krieg nur durch die Fessel der „Einkreisung" niederzuzwingen. Lin
Krieg brach nicht aus; auch erwies sich Englands Bundesgenosse Ru߬
land, durch den Japanischen Krieg und die Revolution geschwächt, nicht
stark genug, um als Soldat (Englands gegen das wohlgerüstete Deutsch¬
land zu marschieren. Hts wir 1911 den Streit wegen Marokko mit Frank¬
reich hatten, sollte England als Bundesgenosse Frankreichs mit einer
Expeditionsarmee von 160 000 Mann durch das neutrale Belgien gegen
uns ziehen. Der Streit wurde aber noch einmal friedlich beigelegt. (Es
begannen die deutsch-englischen Annäherungsversuche, wir wissen heute
nicht, ob diese Entspannung von England ehrlich gemeint war. HIs
nun Rußland und Frankreich mit Angriff drohten, ermutigte England
diese Mächte und erklärte uns dann gleichfalls den Krieg. (Es wollte die
günstige Gelegenheit, den gewaltigen Rivalen in fandet und Industrie
niederzuzwingen und ihn zu beerben, nicht vorübergehen lassen. So
ist der wahre Kriegsgrund (Englands nicht die vorgegebene Verletzung
der belgischen Neutralität durch Deutschland, sondern der Neid auf
unsern wirtschaftlichen Aufschwung, im letzten Grunde also
unedler Hunger nach Gold. Das englische Volk, mit geistigen und sitt¬
lichen Kräften nicht so gut ausgestattet wie das deutsche, auch nicht so
gut geschult, sah sich außerstande, uns durch bessere wirtschaftliche Lei¬
stungen in der Welt zu überbieten und wollte wie Kain den besseren
Bruder ctbel totschlagen.
2. Frankreich.
Frankreichs Gegnerschaft ist am leichtesten verständlich. Dies reiche,
einst durch höchste Kultur ausgezeichnete Land war durch die Jahrhun¬
derte unser vom Schicksal bestimmter Gegner, weit früher als Deutsch¬
land zur (Einheit gelangt, konnte Frankreich den Vorteil seiner starken
Monarchie dem schwachen östlichen Nachbarn gegenüber in siegreichen
Kriegen zur Geltung bringen und ihm Grenzgebiete rauben (Elsaß:
Sundgau 1648, Straßburg 1681; Lothringen: der ältere Besitz von Metz,
Soul, Verdun 1648 bestätigt, 1735/1766 Lothringen und Bar). Na¬
poleon stürzte Deutschland von Grund auf um. Die Freiheitskriege
aber brachten den Umschwung, und im 19. Jahrhundert mußte Frank¬
reich unter Napoleon III. Preußens Ausstieg und Deutschlands (Eini¬
gung geschehen lassen. Preußens Sieg über Österreich bei Königgrätz
wurde in Frankreich wie eine eigene Niederlage empfunden (Revanche
pour Sadova!). Aus dieser Stimmung erwuchs der deutsche (Ein-
flttmann, wie es zum Weltkrieg kam 2