Full text: Lehrbuch der Geschichte der Römer (Teil 2)

III § 51. Die Verschwörung des Catilina, Marcus Tullius Cicero. 103 
§ 51. 
Die Verschwörung des Catilina. 
Der unerhörte Luxus der vornehmen Welt, die grenzenlose Ver¬ 
schwendung und Schwelgerei hatten die Aristokratie in große Geldverlegen¬ 
heiten gebracht. Auch Lueius Sergius Catilina hatte durch Aus¬ 
schweifungen aller Art sein Vermögen vergeudeter hatte schon früher die 
grausamsten Mordthaten verübt. Zur Zeü Sulla's hatte er fernen eigenen 
Bruder erschlagen und dessen Namen dann auf die Proscriptions-Liste setzen 
lassen, um der Strafe zu entgehen. Schon seine bleiche Gesichtsfarbe und 
fein uustäter Blick verkündigten eine von Leidenschaften zerrissene Seele. Doch 
besaß Catilina einen unerschütterlichen Mut. Dieser Mann stiftete eine 
Verschwörung an, um die jGreuel der Sullanischen Zeit zu erneuen und sich 
auf Kosten seiner Mitbürger zu bereichern. Er trat mit dem frechsten Ge¬ 
sindel von Italien in Verbindung; aber auch Männer ersten Ranges waren 
unter den Verschworenen. Man sagte sogar, Cr assus und C^jar^ hätten 
der Verschwörung nicht ganz fern gestanden, weil sie bei einemallgemeinen 
Umstürze den Einfluß des Pompejus zu brechen gedachten. 
Catilina hatte die Frechheit, sich um das Consnlat zu bewerben; 
allein die Senatoren und die Ritter waren erschreckt durch die Anzeichen 
der Verschwörung, welche in die Öffentlichkeit drangen, und setzten die Wahl 63 
des gewandten Redners und Sachwalters Marcus Tullius Cicero, v.l^yr. 
s. A. 1, durch. Schon unterhandelten die Verschworenen mit einer gallischen ;/ 
Völkerschaft, und schon hatten sie die Veteranen Sullas für sich ge¬ 
wonnen, welche in Etrurien die Waffen ergriffen. Cicero sollte ermordet 
und Rom an verschiedenen Stellen in Brand gesteckt werden, Catilina 
sich an der Spitze des geworbenen Heeres der Herrschaft bemächtigen. Da 
enthüllte Cicero vor dem versammelten Senate die Verschwörung und die 
verruchten Pläne seines Gegners. Catilina war nicht einzuschüchtern. 
Der Senat aber erteilte den Consuln unumschränkte Vollmacht, unter der 
bekannten Formel: „Die Consuln möchten Sorge tragen, daß die Republik 
feinen Schaden nehme." — Schon nach der ersten von Ciceros 4 Catili- 
narischen Reden sah sich Catilina genötigt, die Stadt zu verlassen. 
Er begab sich nach Etrurien zu den mitverschworenen Truppen, wo er die 
Insignien (Abzeichen) des Consulats anlegte. 
Durch die gallischen Gesandten in Rom kam Cicero auch in den 
Besitz einer Urkunde mit staatsverräterischen Plänen, _ welche von den vor¬ 
nehmsten Verschworenen unterschrieben war. Sogleich ließ er diese verhaften 
und trug im Senate darauf an, daß sie ohne weitere Untersuchung hinge¬ 
richtet würden. Cajus Julius Cäsar aber wollte, daß sie nur zu lebens¬ 
länglicher Überwachung verurteilt würden. Schon neigte ein großer Teil des 
Senats zu Cäsars Meinung. Da trat Marc u s Porcius Cato der 
Jüngere, s. A. 2, ein Urenkel des Censorinns, Cicero's Ansicht bei. Das 
Ansehen dieses Mannes führte die Entscheidung herbei. Der ganze Senat 
sprach die. Todesstrafe aus. Es ging schon auf den Abend zu,_ als Cicero 
die 5 Verurteilten nach dem Tnllianum bringen ließ, wo sie erdrosselt 
wurden. Bei Anbruch der Nacht erschien Cicero an der Spitze -der ange¬ 
sehensten Männer ans dem Markte und verkündigte der dichtgedrängten 
Menge mit seiner wohlbekannten Stimme: „Sie haben gelebt." Unter dem
	        
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