Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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8. Alexander der GroHe, König von Macedonien» 
(333 v. Chr.) 
Alexander, der Sohn Philipps, des Königs von Macedonien, ver¬ 
dankte seine Bildung dem berühmten griechischen Philosophen Aristoteles. 
Schon als Knabe hatte Alexander für alles Ruhmwürdige einen regen Sinn. 
So oft er die Nachricht von einem Siege seines Vaters erhielt, rief er schmerzlich 
aus: „Mein Vater wird mir nichts mehr zu erobern übrig lassen!" Einmal be¬ 
kam sein Vater ein wildes Pferd, Bucephalus genannt. Die besten Reiter 
versuchten ihre Kunst daran, aber es ließ keinen aufsitzen. Da bat Alexander 
seinen Vater, ihm einen Versuch zu gestatten. Nach vielem Bitten erhielt er 
endlich die Erlaubniß. Nun ergriff er das Pferd beim Zügel und führte es 
gegen die Sonne; denn er hatte bemerkt, daß es sich vor seinem eigenen Schatten 
scheute. Er streichelte es, und plötzlich schwang er sich pfeilgeschwind hinauf. 
Das Pferd siog in wildem Galopp mit ihm davon, und sein Vater fürchtete für 
sein Leben. Als er aber umlenkte und das unbändige Roß sicher tummelte, da 
erstaunten alle, und Philipp rief voll Freuden: „Mein Sohn, suche dir ein an¬ 
deres Königreich, Macedonien ist zu klein für dich." — 
Alexander war kaum zwanzig Jahre alt, als sein Vater starb. Zuerst un¬ 
terwarf er sich Griechenland und zeigte sich überall als einen Kenner und Be¬ 
schützer der Künste und Wissenschaften. In Korinth besuchte er auch den Weisen 
Diogenes. Der glaubte, wie Sokrates, daß der Mensch desto glücklicher sei, 
je weniger er bedürfe — und wohnte darum nicht in einem Hause, sondern in 
einem Faß. Der König Alexander, der von ihm gehört hatte, ging zu ihm. Er 
lag gerade in seiner Tonne, um sich an der Sonne zu warmen. Der König 
dachte, er würde doch aufstehen und ihm entgegenkommen. Aber Diogenes blieb 
liegen, als wenn die Ankunft des Königs gar nichts Besonderes sei. Alexander 
redete lange mit ihm, und fand seine Antworten so treffend und geistreich, daß er 
freundlich zu ihm sagte: „Kann ich dir eine Gunst erweisen?" — „Ja!" antwor¬ 
tete Diogenes, „tritt mir ein wenig aus der Sonne!" Da erkannte der König, 
daß er einen Mann gefunden hatte, welcher weder Geld, noch schöne Kleider, 
noch sonstige Herrlichkeiten begehrte, sondern mit Wenigem zufrieden war; und er 
sagte zu den Umstehenden: „Wahrlich, wenn ich nicht Alexander wäre, 
so möchte ich wohl Diogenes sein!" 
Mit glühendem Eifer begann Alexander nun die Eroberung des persischen 
Reiches. Von Europa setzte er nach Asien über den Hellespont. Hier traf er 
mit den Persern am Flüßchen Granikus zusammen. Seine Feldherren widerrie¬ 
fen es, im Angesicht des Feindes über den Fluß zu gehen; aber Alexander ant¬ 
wortete: „Der Hellespont würde sich ja schämen, wenn wir dieses Flüßchen fürch¬ 
teten." Mit diesen Worten stürzte sich der kühne Jüngling in den Fluß; seine 
Macedonier folgten, und glücklich wurde das jenseitige Ufer erreicht. Sogleich 
begann auch der Kampf, und fast hätte Alexander hier sein Leben verloren; denn 
zwei persische Führer sprengten auf ihn los, hieben ihm auf den Kopf, daß der 
Helm zersprang, und schon hob der eine den Arm empor, um ihm den Kopf zu 
spalten. Da, in dem gefährlichen Augenblicke, sprengte Alexanders Feldherr 
Klitus herbei und schlug mit einem Streiche dem Perser den rechten Arm herun¬ 
ter, daß Schwert und Arm zugleich herabfielen. Alexander's Leben war gerettet. 
Die Eroberung Kleinasiens war die Frucht dieses Sieges. Im Südosten 
dieser Halbinsel lag die Stadt Tarsus, welche von dem Chdnus durchflossen 
wird. Hier kam Alexander bei großer Hitze, mit Staub und Schweiß bedeckt, 
an. Das klare Wasser des Flusses lud ihn zum Bade ein. Aber kaum war er 
einige Minuten darin, so überfiel ihn ein heftiges Fieber; leichenblaß und zitternd 
an allen Gliedern mußte er aus dem Bade getragen werden. Die Krankheit ver¬ 
schlimmerte sich bald so, daß die Ärzte ihn aufgaben, und keiner mehr etwas ver¬ 
ordnen wollte. Und doch war Alexanders Genesung eben jetzt sehr nöthig; denn 
der persische König, Darius Codomannus, war mit einem großen Heere im 
Anmarsche. Da entschloß sich sein treuer Arzt Philippus, ein gefährlichem, 
aber entscheidendes Mittel anzuwenden. Während er damit beschäftigt war, den Tran'
	        
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