Full text: Das Mittelalter und die Neuzeit (Teil 2)

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§ 84. 
Italienischer Krieg; Italiens Einigung. 
1. Das Streben der Italiener, die ganze Halbinsel, nach Abwerfung jeder 
Fremdherrschaft, zu einem einheitlichen Gesamtstaate umzugestalten, konnte auch 
durch Bewältigung der Aufstände von 1848 und 1849 nicht unterdrückt werden. 
Namentlich im Königreiche Sardinien gewann die Bewegung immer mehr 
Boden; ja, der König Viktor Emanuel II. selbst stellte sich durch die Erklärung, 
aus den „Schmerzensschrei" der Nation zu hören, an die Spitze derselben. Da 
nun Österreich seine Besitzungen und seinen Machteinsluß in Italien immer 
stärker bedroht sah, der leitende sardinische Minister Gras Cavour aber die ge- 
forderte Entwaffnung ablehnte, ließ es ein Heer (unter Feldzeugmeister Giulay) 
in Piemont einrücken, April 1859. 
2. Der Krieg von 1859. Sardinien hatte sich aber bereits durch ein 
Bündnis Frankreichs Unterstützung gesichert. Napoleon, durch ein Attentat des 
Italieners O r s i n i (Januar 1858) gemahnt, die Befreiung Italiens von der 
österreichischen Herrschaft zu fördern, hatte die Demütigung des vereinzelt stehenden 
Österreichs beschlossen. Er verbandsich insgeheim mitSardinien und über- 
raschte am Neujahrstage 1859 die Welt mit der Erklärung, daß seine guten Be- 
Ziehungen zu Österreich gestört seien. In dem hierdurch in Aussicht gestellten 
italienischen Kriege unterstützte er, unter dem Vorgeben, als Vorkämpfer des 
„Nationalitätsprinzips" und uneigennütziger Befreier in den Kampf eingreifen zu 
wollen, den König von Sardinien mit seiner Streitmacht. Indem er „Italien bis 
zur Adria" zu befreien verhieß, zog er mit einem starken Heere heran, und die 
Österreicher wurden in den Schlachten bei Magenta (4. Juni, Marschall Mac 
Mcthort) und Solferino (24. Juni) geschlagen. Dem aus einer Zusammenkunft 
der beiden Kaiser Franz Josef und Napoleon abgeschlossenen Präliminar- 
Frieden zu Villafranca (11. Juli 1859) folgte der Friedezu Zürich: 
Österreich verlor die Lombardei, welche von Napoleon an Sardinien gegeben 
wurde, behielt dagegen Venedig. Als Lohn für seine Hilfe ließ fich Frankreich 
von Sardinien Savoyen und Nizza abtreten 1860. Frankreich wurde dadurch 
um drei Departements vergrößert, obgleich sein Kaiser nicht um Ländererwerbs 
willen, sondern für eine „Idee" das Schwert zu ziehen erklärt hatte. 
3. Das Königreich Italien. Trotz des Friedensschlusses dauerte indes 
in Italien die Bewegung fort. Schon während des Kampfes hatten sich T o s k a n a, 
Parma und Modertet nach Vertreibung ihrer Fürsten an Sardinien angeschlossen; 
bald folgte der nördliche Teil des Kirchenstaates. Im folgenden Jahre (1860) 
landete Garibaldi, der kühne Führer der italienischen Freikorps, mit 1000 
Genossen (bei Marsala) auf Sizilien und bewirkte in kurzer Zeit die Losreißung 
der Jnfel von der neapolitanischen Herrschast. Dann nach Unteritalien übersetzend, 
hielt er, da alles Volk ihm zufiel, schon nach einigen Wochen seinen Einzug in die 
Hauptstadt Neapel, während der junge König Franz II. sich mit dem Reste 
seiner Truppen nach der Festung Gaöta zurückzog. Darauf brach ein piemontefif ches 
Heer unter General E i a l d i n i in den Kirchenstaat ein, überwältigte die päpstlichen 
Truppen und nahm den Kirchenstaat in Besitz bis aus die Stadt Rom und das 
sogenannte Patrimonium Petri (ein Gebiet von 214 Q.-M.), das dem 
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