7. Friedrich Wilhelm III.
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des Vaterlandes verliehen wird; es lebt fort in zahlreichen nach ihr
benannten milden Stiftungen.
e) Die Neugestaltung Preußens.
Tilgung der Kriegskosten. Schwer lastete nach dem Tilsiter Frieden der Druck
der französischen Einquartierung auf Preußen. Die ihm gebliebenen Provinzen
waren bereits völlig ausgesogen, und infolge der Kontinentalsperre lagen Handel
und Wandel danieder. Das Bestreben des Königs ging vor allem dahin, die vom
Sieger geforderten Kriegskosten aufzubringen, denn erst dann, konnte das Land von
dem fremden Kriegsvolke frei werden und sich aus seinem Elend wieder erheben.
Die ohnehin einfache Hofhaltung wurde auf das allersparsamste eingerichtet. Das
entbehrliche Prunkgerat wanderte in die Münze. Zahlreiche Domänen wurden ver¬
kauft. Dessenungeachtet mußte noch eine besondere Kriegssteuer ausgeschrieben und eine
Anleihe aufgenommen werden. Die Finanznot des Staates gab auch Anlaß zu der
1810 angeordneten Einziehung der geistlichen Guter.
Die Erniedrigung Preußens durch den Tilsiter Frieden uud die
diesem folgenden Jahre der Not wurden nach einer Richtung hin für
das Laud doch wieder zu einer Quelle des Segens. Die furchtbare
Heimsuchung brachte König uud Volk zur Erkenntnis der Schäden des
Staatswesens, welche die Ursache des tiefen Falls waren. Man sah
jetzt ein, daß die vom großen Friedrich und seinem Vater geschaffenen
Einrichtungen durchaus nicht mehr so vollkommen waren, als man bisher
geglaubt hatte, vielmehr einer zeitgemäßen Neugestaltung gar sehr bedurften.
Die Königin Luise schrieb damals ihrem Vater: „Es wird mir immer
klarer, daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Die göttliche
Vorsehung leitet unverkennbar neue Weltzustände ein, und es soll eilte
andere Ordnung der Dinge werden, da die alte sich überlebt hat uud
als abgelebt in sich zusammenstürzt. Wir sind eingeschlafen aus deu
Lorbeeren Friedrichs des Großen, welcher, der Herr seines Jahrhunderts,
eine neue Zeit schuf. Wir sind mit derselben nicht fortgeschritten, und
deshalb überflügelte sie uns." Dem Könige Friedrich Wilhelm III.
gereicht es zu hohem Ruhme, daß er nach Erkenntnis der Mängel seines
Staates ungesäumt an ihre Abstellung ging.
Allgemeine Wehrpflicht. Das Heer bestand, wie schon in deu
Tagen Friedrich Wilhelms I., überwiegend aus augeworbeuen Ausläuderu.
Nur war der Prozentsatz derselben fortwährend gestiegen, da nicht bloß
die höheren Stände, sondern auch einzelne Städte uud ganze Landstriche
von der Kantonpflicht frei waren. Die Werblittge setzten sich ans dem
Abschaum der Völker Europas zusammen. Um sie in Ordnuug zu halten,
mußte die ohnehin harte Disziplin aufs schärfste gehandhabt werden.
Auf die Osfizierstellen hatte der gemeine Mann keine Aussicht, da sie
seit dem Hubertsburger Frieden ausschließlich dem Adel vorbehalten
wurden. All diese Umstände trugen dazu bei, daß in Preußen beim
Volke der Soldat verhaßt und verachtet geworden war. Von solchen
Leuten war natürlich nicht zu erwarten, daß sie in der Stunde der
Gefahr ihr Leben wagen würden. Die Auflösung des Heeres nach der