Zweiter Abschnitt.
Die Zeit des (Emporfteigens des brandenburgisch
preußischen Staates.
Zugleich Zeitalter der besonders von König Ludwig XIV. von Frankreich
ausgebildeten unumschränkten Fürstengewalt, die wir kurz mit Absolutismus
(= Zustand der Loslösung, d. h. von Gesetzen) bezeichnen: bis zum Beginne
der französischen Revolution, 1789.
Der Große Kurfürst im 17., Friedrich der Große im 18. Jahr-
hundert sind die größten Männer dieses Zeitraums.
Brandenburg unter dem Großen Kurfürsten, 1640—1688.
§ 101. Des Großen Kurfürsten Jugend. Friedrich Wilhelm,
der große Sohn Georg Wilhelms, wurde im Jahre 1620 zu Berlin
geboren. Des Prinzen Mutter entstammte dem Hanse der pfälzischen
Wittelsbacher; der unglückliche „Winterkönig" war sein Onkel. Als
siebenjähriger Knabe wurde er vor den Schrecknissen des Dreißig-
jährigen Krieges nach dem märkischen Waldschlosse Letzlingen, dann
nach dem festen Küstrin in Sicherheit geschafft. Hier blieb der Thron-
erbe bis zu seinem 14. Lebensjahre. Gustav Adolf, den er in Frank-
furt an der Oder begrüßte, soll damals von ihm gesagt haben: „Von
diesem jungen Prinzen wird die Welt noch einmal zu reden be-
kommen!"
Zu seiner weiteren Ausbildung wurde Friedrich Wilhelm nach
dem damals blühenden Holland geschickt. Dort blieb er vier Jahre.
Anfänglich besuchte er die Universität Lehden. Durch den Ausbruch
der Pest von dort vertrieben, wandte er sich nach der Hauptstadt, dem
Haag. Von hier entfloh er eines Tages, wie erzählt wird, vor einer
gottlosen Gesellschaft, die ihn umgarnen wollte, in das Feldlager
des Statthalters Friedrich von Oranien vor der Stadt Breda. Dieser
empfing ihn, als er die Veranlassung seiner Flucht vernahm, mit den
Worten: „So recht, lieber Vetter! Ihr habt eine größere Tat voll-
bracht, als wenn ich Breda erobert hätte; denn wer in der Jugend
sich selbst treu bleibt, der wird dereinst Großes leisten!" Tiefgehende
Anregungen und Verständnis für große wirtschaftliche und staatliche
Fragen nahm der achtzehnjährige Prinz aus dem kleinen, aber