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Das Altertum.
es, sie zur Rückkehr zu bewegen (Gleichnis vom Magen und den Gliedern)
unter der Bedingung, daß ihnen eigene Beamte, Volkstribunen, bewilligt
würden. Diese hatten das wichtige Recht, Beschlüsse der übrigen Beamten
und des Senats, welche sür die Plebejer nachteilig erschienen, durch ihr
Veto (wörtlich: „ich verbiete") zu verhindern.
4;. Coriolcmus, ein stolzer Patrizier, mußte bald darauf die Gewalt
der Tribunen erfahren. Sie veranlaßten seine Verbannung, als er eine
Hungersnot benutzen wollte, um die Plebejer zum Verzicht auf die neue
Um Einrichtung zu bewegen. Er ging zu den feindlichen Volskern und führte
490. ihr Heer siegreich gegen Rom. Alle Friedensanträge der Römer wies er
schroff zurück, aber durch die Thränen seiner alten Mutter und seiner Gat-
tin ließ er sich erweichen*).
5. Das Zwölftafelgesetz, ^50. Nach Beseitigung dieser Gefahr wurden
neue Forderungen an die Patrizier gestellt. Sie besaßen allein die Kennt-
nis der mündlich überlieferten Rechtsbestimmungen und verfuhren in Aus-
Übung der Rechtspflege oft willkürlich. Daher verlangten die Plebejer ge-
schrieben? Gesetze (vgl. Athen § 9, 2. 3). Nach langer Weigerung willigten
die Patrizier ein. eine Gesandtschaft nach Griechenland zu schicken, um die
dortigen Gesetze kennen zu lernen. Nach der Rückkehr der Gesandten wurden
zehn Männer (Decemvirn) zur Ausarbeitung der Gesetze gewählt. Sie hat-
ten bis zur Ausführung ihres Auftrages zugleich die Regierung des Staates
450. zu führen. Die Gesetze wurden auf zwölf eherne Tafeln eingegraben.
Sie wurden die Grundlage des berühmten römischen Rechtes.
Die Zehnmänner verlängerten eigenmächtig die ihnen übertragene Ge-
malt und regierten tyrannisch trotz der zunehmenden Gärung im Volke, bis
einer von ihnen, Appins Claudius, einen frechen Angriff auf die Freiheit
der Virginia, derTochter eines plebejischen Hauptmannes, wagte. Ihr eigener
Vater tötete sie, um sie der Schmach zu entziehen. Da brach der Sturm
im Volke los; die Zehnmänner mußten abdanken, Appins Claudius ent-
leibte sich selbst im Kerker.
6. Die Gallier in Rom, 590. In dieser Zeit der inneren Streitigkeiten
waren die Römer fortwährend in Kämpfe gegen äußere Feinde verwickelt.
Die gefährlichsten waren die wilden Gallier, welche uuter ihrem Brennus
(d. h. Anführer) auf einem Plünderungszuge die Etrusker besiegten und
einem römischen Heere an dem Flüßchen Allia eine furchtbare Niederlage
390. beibrachten. Sie besetzten das von seinen Bewohnern verlassene Rom (die
achtzig Greise auf der Forum) und steckten es in Brand. Aber das Kapitol
wurde von der heldenmütigen patrizischen Besatzung unter Manlius (die
*) „Mutter, Rom hast du errettet, aber deinen Sohn verloren."