214 Kap. 61. § 230. Europäische Kunst bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts.
Unter Friedrichs II Regierung führte Adolf von Holstein gegen die Dit-
marsen, welche seit vierhundert Jahren frei in ihrem Ländchen zwischen der Elbe und
Eider unter bischöflich-bremischem Schutzrechte gelebt hatten, einen ungerechten Krieg, der
nach dem heldenmütigsten Widerstände derselben (Schlacht bei Hemmingstedt) mit der
Unterdrückung ihrer Freiheit endete. — Christians Versuche, auch die heidnischen
Finnen dem Evangelium näher zuführen, hatten indes keinen wesentlichen Erfolg und
noch lange blieben sie dem Christentum fern.
(229.) Außerdem hatte die luthersche Reformation durch den deutschen
Orden, der sie seit 1525 in Preußen eingeführt hatte, auch in Liev-
land, Esthland und Kurland Eingang gefunden.
Auch in Polen, Ungarn und Siebenbürgen bekannten sich viele
teils zur lutherschen teils zur reformierten Lehre. — Die Reformation
würde sich überhaupt in Europa noch weiter verbreitet haben, wenn sie
nicht in Spanien und Italien, wo sie bereits tief eingedrungen war,
durch die Inquisition vertilgt — in Frankreich durch den Rücktritt Hein¬
richs IV aufgehalten — in den Niederlanden durch die eingegrenzte
Scheidung der Nord- und Südprovinzen zuin Stillstand gebracht — in
Deutschland teils durch die Zerwürfnisse der Protestanten unter einander
gestört, teils durch die auf eine Reinigung der katholischen Kirchenlehre
gerichteten Bemühungen der katholischen Fürsten gehemmt — in Polen,
wo durch die Konföderation den Protestanten schon gleicher Schutz mit den
Katholiken gesichert war, durch die rücksichtslosen Schritte König Sig¬
munds III größtenteils verdrängt — überall aber in diesen Ländern durch
die vom Tridenter Concilium hervorgebrachte Neubelebung der römischen
Kirche und durch die einmütigen und thätigen Bestrebungen ihrer Congre-
gationen, vorzüglich des schon oben genannten Jesuitenordens (§ 208),
teils zurückgehalten teils wieder vernichtet worden wäre. Allenthalben in
Europa, sowie in den übrigen Welttheilen hatte am Ende des 16. und
im Anfang des 17. Jahrhunderts der Katholozismus die Oberhand.
Kap. 61. Europäische Bildung in Kunst und Wissenschaft vom Anfang
des 16. bis gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts.
(Gesch. d. W. XX. Kap. 7, 6; 4, 5. u. 6; 2 u. 3.)
(230.) Der Aufschwung, den Kunst und Wissenschaft im 15. Jahr¬
hundert zu nehmen begonnen hatten, nahm im 16. Jahrhundert eine noch
höhere und vielseitigere Richtung, und in beiden Gebieten treten uns große
Geister entgegen. — Die Kunst, eine Tochter der Kirche, hatte bisher ihre
Eingebungen nur vom Christentum empfangen; nun aber trat in ihr ein
Wendepunkt ein, indem sie sich den schönen Formen und poetischen Ideen
des heidnischen Altertums zuneigte, so daß nicht nur die Überreste der
griechischen Kunst als Muster dienten, sondern auch die Mythologie auf
weit hinaus ein modernes Kunstelement wurde. Die Hauptheimat der Kunst
war Italien, wo der allgemeine Wohlstand, der überall rege Sinn
für klassische Bildung und die reichliche Unterstützung der Höfe, beson¬
ders die Kunst und Prachtliebe des mediceischen Papstes Leo X,
eine rasche, nie geahnte Entwicklung der Kunst, wie nicht minder auch der
Wissenschaft begünstigte. Von dort empfingen auch die westlichen Länder
Europas den Anstoß zu ihrer weitern geistigen Entwicklung und nur der