Full text: Leitfaden der Bayerischen Geschichte für höhere Lehranstalten

24 Verfassung, Wirtschaft, Kultur vom 10.-13. Jahrhundert. 
älterer Werke- ohne ihren Sleifo wären der Nachwelt unersetzliche Schätze 
antiken Schrifttums für immer verloren gegangen. 
Huch als Dichter, als Chronisten und Geschichtschreiber haben 
sich Geistliche betätigt. In das 11. Jahrhundert gehören die Bruchstücke 
des „Ruodlteb"; er ist von einem Tegernseeer Mönch verfaßt und darf 
als der älteste Roman des Mittelalters gelten. Zu Tegernsee entstand in 
der Zeit Barbarossas das bedeutendste mittelalterliche Drama, das „Spiel 
vom Hntichrist" (ludus de adventu et interitu Antichrist!), eine Ver¬ 
herrlichung des Kaisertums. In lateinischer Sprache wurden zahlreiche 
Marienlegenden und Mariengrüße geschrieben- doch besitzen wir aus dem 
11. Jahrhundert auch ein deutsches prosawerk, die von Williram, Hbt von 
Ebersberg, verfaßte Umschreibung des hohen Liedes. Wertvolle Hmtalen 
schuf ein Mönch zu Niederaltaich und die Geschichtswerke des Bischofs Otto 
von Freising (f 1158), eines Oheims Barbarossas, gehören zu dem Besten 
ihrer Rrt. 
Mit dem Kufkommen des Rittertums in der glänzenden Zeit der 
Hohenstaufen kam eine neue Richtung in die Literatur. Weltliche Stoffe 
traten in den Vordergrund- das Lateinische mußte dem Deutschen weichen 
und die feine französische Bildung wirkte auch auf Bayern mächtig ein. 
Hahrende Sänger waren längst überall gerne gesehen und die Hbenteuer 
der Kreuzzüge gaben der Einbildungskraft reichste Nahrung. Zu Regens¬ 
burg am Hofe Heinrichs des Stolzen dichtete der pfaffe Kuonrät das 
französische Rolandslied in deutsche Verse um. Derselbe oder ein anderer 
Geistlicher schrieb die sogenannte Kaiserchronik (der keiser und der kunige 
buoch), den ersten versuch eines deutschen Geschichtsbuches. 
Huf bayerisch-österreichischem Boden, unter der Regierung der Wittels- 
bacher im Stammlande, der Babenberger in der Ostmark, gediehen das 
deutsche (Epos, die deutsche Lyrik zu ihrer ersten Blüte. Hm Rnfang des 
13. Jahrhunderts wurden, anscheinend in Österreich, das Nibelungen- 
und das Gudrunlied in ihrer jetzigen Gestalt aufgezeichnet. Wolfram 
von Eschenbach, der große Dichter des Parzmal, heißt sich selbst einen 
Bayern (wir Beier); bayerischen Stammes war der größte Lyriker der 
Deutschen vor Goethe, Walter von der vogelweide. In Österreich, 
unter der Gönnerschaft des Babenberger Herzogs, lernte er „singen unde 
sagen": dort weilte er auch später öfters. Daß Bayern weiterhin unter 
den Dichtern der ritterlichen (Epigonenzeit vertreten war, beweist uns neben 
anderen der Harne Werners des Gärtners, eines Paters zu Ranshofen, 
der mit seiner poetischen (Erzählung „Meier helmbrecht" um 1250 die 
Reihe der Dorfgeschichten eröffnete und darin ein bedeutsames Kulturbild 
entwarf.
	        
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