§ 17. Der Kaiser Augustus, 31 v.—14 n. Chr. 109
die Straßen dahin wie vor alters, bloßen Hauptes, über der hemdartigen
Tunika die schneeweiße faltige Toga sorgsam geordnet, aber in dem
römischen Gewand stak Sohn oder Enkel irgend eines Fremden oder
eines Freigelassenen unrömischen Blutes, oder irgend ein neuer Bürger
aus Gallien, Spanien, ja selbst aus Germanien. Und mitunter zierte
einen solchen gar noch der purpurne Hemdstreifen des Ritters oder
der Purpurstreifen am Saum der Toga, das Zeichen des Senators.
Wohl brachte Rom damals seine größten Dichter hervor — Horaz,
Vergil, Ovid — und den Geschichtsschreiber Livins, aber sie waren
alle mehr oder weniger Nachahmer der Griechen. Und so sehr Augustus
sich mühte, durch Gesetze und eigenes Beispiel die Üppigkeit des Lebens
und Haushaltes der Vornehmen einzuschränken, sie fuhren fort in der
Pracht ihrer Villen, ihrer Gastmähler, ihrer Sänften, in der Anzahl und
Schönheit ihrer Sklaven, deren in einem vornehmen Hause oft Hunderte
waren, in der Seltenheit ihrer Bildwerke und Bücher, in ausgesuchter
Verschwendung jeglicher Art miteinander zu wetteifern.
Und auch das gewöhnliche Volk, der Arbeit entwöhnt und außer Spenden
stände es den Sklaven darin gleich zu tun, verlangte von den unb @pieIe'
Herrschenden Unterhalt und Genuß, gewissermaßen als seinen Anteil an
der Weltherrschaft und als Entschädigung für die verlorene Freiheit.
200000 Arme (die Stadt zählte etwa eine halbe Million Einwohner)
bekamen allwöchentlich etwa 10 Liter Getreide aus den öffentlichen
Speichern, und ungeheure Summen verschlangen die Geldgeschenke, die
Augustus bei feierlichen Gelegenheiten den Bürgern machte und die von
diesen bald wie ein ihnen zustehendes Recht beansprucht wurden. Vor
allen Dingen aber mußten die zahlreichen Feste prunkvoll und freigebig
ausgestattet sein, und an den Speisungen und Spielen durfte nicht
gekargt werden. Zumal die Fechterspiele, die Tierkämpfe und Wagen-
rennen erfreuten sich des allgemeinsten Anteils. Ungeheure Theater und
Rennbahnen wurden allmählich für sie angelegt. Das Theater des
Pompems faßte schon 50000, der Zirkus, wie ihn Cäsar herrichten
ließ, 150 000 Zuschauer, und nachmals ist diese Zahl noch weit
überboten worden. Da saßen die Römer — die Vornehmen auf den
tieferen, die Geringen auf den höheren Sitzreihen, die den Schauplatz
(arena) rings ansteigend umgaben — und beobachteten mit gespannter
Aufmerksamkeit die Einzel- und die Mafsenkämpfe, die kunstgeübte
Fechtersklaven manchmal zu Hunderten gegeneinander dort unten im
bitteren Ernst miteinander ausfochten. Beifall erscholl dem Tapferen und
Listigen, dem zu Tode Getroffeneu, wenn er malerisch schön niederzn-
sinken wußte, Fluch und Hohn dem Ungeschickten oder dem Feigen, der
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