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wiederherzustellen und die Kaiserwürde zu übernehmen, konnte der
Heldenfürst diesem einhelligen Rufe von ganz Deutschland sein Ohr
nicht mehr verschließen. Seit Neujahr 1871 gab es so wieder ein
Deutsches Reich. Am 18. Januar 1871 wurde dann im Spiegelsaal
zu Versailles, dem Ahnensaal Ludwigs XIV., König Wilhelm, um¬
geben von den Fürsten und Vertretern des deutschen Volkes, feierlich
zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Frankreich hatte seine
vorherrschende Macht in Europa verloren; an seine Stelle trat
Deutschland, national geeint unter dem Kaisertum der Hohenzollern.
Dankbar erhob Wilhelm I. Bismarck in den Fürstenstand und
schenkte ihm das Gut Friedrichsruh mit dem Sachsenwald. Moltke
wurde Generalfeldmarschall.
Die Verfassung des Deutschen Reiches. Das neue Deutsche Reich
wurde nach dem Muster des Norddeutschen Bundes ein Bundes-
staat von 25 Staaten nebst dem Reichsland Elfaß-Lothringen. An
der Spitze des Reiches steht der jeweilige König von Preußen als
Deutscher Kaiser. Er ist oberster Kriegsherr, vertritt das Reich
anderen Staaten gegenüber (Kaiserliche Botschafter und Gesandte),
schließt unter Zustimmung der Bundesstaaten Verträge und Bünd-
nisse, ernennt die Reichsbeamten und entscheidet zusammen mit dem
Bundesrat über Krieg und Frieden; im Falle eines Angriffs kann
er auch allein den Krieg erklären.
Der oberste Reichsbeamte ist der für die Regierungsmaßnahmen
des Kaisers allein verantwortliche Reichskanzler, der gewöhn-
lief) zugleich preußischer Ministerpräsident ist. Die ihm unterstellten
Staatssekretäre, die den Ministern in den Einzelstaaten ent-
sprechen, leiten die Reichsbehörden, wie das Auswärtige Amt, das
Reichsamt des Innern, das Reichsmarineamt, das Reichsjustizamt,
das Reichsschatzamt, das Reichspostamt, neuerdings das Reichs-
kolonialamt.
Der Wille der Bundesstaaten kommt zum Ausdruck im Bun-
d e s r a t, einer Versammlung der einzelstaatlichen Regierungsver¬
treter unter dem Vorsitz des Reichskanzlers. Die Stimmenzahl
richtet sich nach der Größe des betreffenden Landes; Preußen ver-
fügt über 17, Bayern über 6 Stimmen usw. Elsaß-Lothringen hatte
eine besondere Stellung als unmittelbares Reichsland und eine eigene
Verwaltung unter einem kaiserlichen Statthalter; seit 1911 ist es
jedoch ebenfalls im Bundesrat vertreten. Die Beschlüsse des Bundes-
rates beziehen sich auf die dem Reichstage vorgelegten Gesetzentwürfe.