II
SoriULUt.
geographische Lehrbuch Aufschluß zu erteilen, weun es das Juteresse des Lehrenden
und des Lernenden erregen soll.
Die Gegenwart verlaugt mehr ein Verweilen bei einem geographischen Gedanken
als ein Hasten uach immer neuen Tatsachen, mehr ein Zusammeusassen unter weiten
Gesichtspunkten als ein sortgesetztes Ausspeichern von Stoffmassen, mehr Vereinigung
als Trennung, mehr Denk- als Memorierarbeit, mehr Verstehen als Beschreiben, kurz
mehr geographische Bildung als geographisches Wissen.
Die Einzeltatsachen müssen darum zu Allgemeintatsachen summiert
und unter leitenden Ideen zusammengefaßt werden. Die Einzelheiten können
nicht alle festgehalten werden; sie mögen, wenn sie ihre Schuldigkeit getan, d. h. zur
Auffindung von Komplexbegriffen gedient haben, mehr oder weniger wieder dem
Gedächtnisse entschwinden, je nach der Veranlagung eines Menschen; das Haupt--
sächliche, das Allgemeine, das für die theoretische wie praktische geographische
Bildung vor allem Wertvolle und Wichtige kann und wird festgehalten werden.
„Erst durch die gattungsbegriffliche Auffassung, welche viele Eigenschaften und
Merkmale in einem Worte zusammenfaßt," fagt Alfred Hettner in seiner gedanken-
reichen Abhandhing über Wesen und Methoden der Geographie, in der wir einen Höhe-
puukt geographisch-methodischer Ausführungen erkennen, ist eine fcharfe und dabei
verhältnismäßig kurze Beschreibung, die im Gedächtnis haftet, überhaupt erst möglich
und damit zugleich die Grundlage für die auf Vergleichung beruhende, in Gesetzen
auslaufende strengere Form der Erklärung geschaffen worden . . . Das Ziel ist die
möglichst einfache und deutliche Erkenntnis der Wirklichkeit.
In Betracht kommen für den länderkundlichen Lehrstoff jene Leitideen, die
eine Perspektive für die Länder-, Völker- uud Erdbetrachtung, wie für die Länder- und
Völkerbewertung eröffnen und sowohl als Bestandteil der allgemeinen Bildung wie
als praktisch wertvoller Besitz Geltung beanspruchen können.
Indem man von der Kenntnis der geographischen Einzelerscheinung zur Aus-
findung geographischer Haupttatsachen und zur Erkenntnis geographischer
Gesetzmäßigkeiten fortschreitet — sei es nun in bezug aus physische oder anthropo-
geographische Verhältnisse —, wird der Schüler auch im Bereiche der Erdkunde wie
in den Naturwissenschaften ununterbrochen im induktiven Denken geschult.
Seitdem dieses Verfahren in den Naturwissenschaften und selbst in den sprach-
lichen Lehrfächern so reichen Nutzen und so vielfältige Anregung gebracht hat, find
die Stimmen immer zahlreicher geworden, die feiner Durchführung auch auf dem Felde
der länderkundlichen Belehrung das Wort reden, und in der Tat dürfte hieraus dem
geographischen Unterricht ein manchsacher Gewinn erwachsen:
Das induktive Verfahren benimmt der Länderkunde den Charakter des Un-
organischen und Enzyklopädischen, der ihr auf anderem Wege nur schwer entzogen
werden kann, und setzt an die Stelle der traditionellen Aufzählung und Beschreibung
die methodische geographische Entwicklung.
Es rückt den Schwerpunkt der unterrichtlichen Behandlung vom Einzelnen und
Kleinen zum Allgemeinen und Großen und verleiht dadurch dem Unterricht weite
und bedeutsame Gesichtspunkte.
Die Gliederung des Lehrstoffes nach den großen geographischen Haupttatsachen
und Gesetzmäßigkeiten gewährt eine leichtere Überschau uud Beherrschung des