Full text: Hilfsbuch für die Geschichtserzählungen in Sexta und Quinta

2. Die Königszeit. 
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sassung. Er regelte dabei ähnlich wie Solon die Rechte und 
Pflichten der Bürger nach dem Vermögen. Er teilte nach dem 
Landbesitze das Volk in fünf Klassen, und in diese wurden 
auch die Plebejer aufgenommen, welche damit Anteil an der 
Gesetzgebung erhielten. 
Unter seiner Regierung war der Einfluß Roms schon so 
groß, daß die Stadt die Führerschaft über ganz Latium über- 
nehmen konnte. Der Vorrang Roms sprach sich am deutlichsten 
darin aus, daß der Latinische Bund ein.gemeinsames Heiligtum 
auf dem in der Stadt gelegenen Hügel Aventinus errichtete. 
Trotz seiner großen Verdienste um Rom starb Servius 
Tullius keines natürlichen Todes. Wie die Sage erzählt, wurde 
er auf entsetzliche Weise von seinem Schwiegersohne Tarquinius 
Superbus ermordet. 
§ 28. Wie sich Tarquinius durch eine Frevelthat des Tarquinius 
Thrones bemächtigt hatte, so suchte er auch seine Herrschaft durch Superbus. 
Gewalt aufrecht zu erhalten. Er befragte niemals den Senat, 
regierte nach Willkür und drückte das Volk durch harte Fron- 
dienste1), die es ihm bei seinen Bauten leisten mußte. Wegen 
seines übermäßigen Hochmutes wurde er Superbus, d. i. der 
Stolze, genannt. 
Zu Tarquinius kam einst ein altes Mütterchen und bot ihm 
neun Bücher zum Kauf an, die, wie sie sagte, göttliche Orakel 
enthielten. Als der König nach dem Preise fragte, nannte sie 
eine so hohe Summe, daß Tarquinius darüber in ein Gelächter 
ausbrach. 
Hierauf warf die Alte drei Bücher ins Feuer und forderte 
darauf dennoch denselben Preis. Der König glaubte daher, 
das Weib sei irre; als sie aber wiederum drei Bücher verbrannte 
und für den Rest abermals die frühere Summe verlangte, wurde 
der König nachdenklich und kaufte die Schriften. Das Mütter- 
chen verschwand hieraus und wurde nie wiedergesehen. Die 
Bücher aber, die berühmten „Sibyllinischen Bücher", wurden 
sorgfältig aufbewahrt, in Zeiten großer Not zu Rate gezogen 
und haben lange in Rom bedeutendes Ansehen gehabt2). 
1) Frö ist ein altes deutsches Wort und bedeutet Herr', das Femi¬ 
ninum dazu ist Frau. Vergl. Fronleichnam. 
2) Gellius 1, 19.
	        
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