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zu heben. Bei dem jetzt freien Bauer zeigte sich eine große That¬
kraft nnb ein rühriger Unternehmungsgeist. Der Ackerbau und die
Viehzucht wurdcn jetzt rationell betrieben; die Naturwissenschaft, beson¬
ders die Chemie wurde für die Landwirtschaft verwertet, die Frucht¬
wechselwirtschaft und die Draiuage faudeu Eingang, der Zuckerrüben¬
bau brachte lohnenden Gewinn. — Handel und Verkehr hoben sich durch
den von Preußen geschaffenen preußisch-deutschen Zollverein
gauz bedeutend. Jeder deutsche Staat bildete bisher ein eigenes Zoll¬
gebiet. Innerhalb des Bundesgebietes mußte deshalb eine Ware so
oft verzollt werden, als sie die Grenze eines Bundesstaates überschritt.
Das erschwerte den Handel und verteuerte die Ware. Dazu kam
noch, daß viele englische Waren zollfrei ins Land kamen und den
Markt überschwemmten.
Zur Vereinfachung des Handels und zum Schutze der deutschen
Industrie gegenüber der englischen und französischen gründete der
König den preußisch-deutschen Zollverein. Zwischen den zum Vereine
gehörigen Staaten — im Lause der Jahre traten fast alle deutschen
Länder bei — herrschte von nun ab Zollfreiheit; nur für Bier und
Branntwein mußte eine „Übergangsabgabe" entrichtet werdeu. Sollten
fremde Waren in einen dieser Staaten eingeführt werden, so mußten
sie verzollt werden. Die Zölle flössen in eine gemeinsame Kasse und
wurden mt die einzelnen Staaten im Verhältnisse ihrer Einwohner
verteilt.
Überall baute man neue Chausseeu, das Po st wesen erhielt
manche Verbesserungen, und die Dampfkraft wurde in den Dienst
von Handel und Verkehr gestellt. 1816 fuhr das erste Dampfschiff
ans dem Rheine, 1838 wurde Berlin mit Potsdam dnrch eine Eisen¬
bahn verbunden.
Groß waren die Vorteile, welche der Zollverein brachte. Ein
besserer Absatz der deutschen Waren wurde erzielt, die Einnahmen der
einzelnen Staaten mehrten sich, in Münzen, Maßen und Gewichte,:
wurde eine größere Übereinstimmung angebahnt, und was das Wich¬
tigste mit war: die Deutschen lernten sich als ein Ganzes sühlen;
denn der Zollverein legte bereits den Grund zur späteren Einigung
Deutschlands unter Preußens Führung. „Preußen übernimmt jetzt
die positive Politik Deutschlands. Österreich behält nur die formelle
Leitung"; so äußerte sich damals ein österreichischer Staatsmann über
den Zollverein.x)
VIII. Das Lebensende des Königs.
_ Im Frühlinge des Jahres 1840 begann der König, der sich bis
in sein hohes Alter einer guten Gesundheit erfreute, zu kränkeln; es
stellte sich ein bedenklicher Husten ein, zu dem sich später Brustkrämpse
*) Erg. Nr. 31.