232
erworben, sich dann unrechtmäßig des Papstthums bemächtigt habe, das er durch an-
stößiges Leben beflecke; denn er umgebe sich mit einem Gefolge vornehmer Frauen und
lebe mit der Markgräfin Mathilde im Ehebruch. Diese Anklagen waren theils vom
Hasie erfunden, theils übertrieben. Die Synode setzte den Papst ab, da er die höchste
Kirchengewalt widerrechtlich ergriffen, die Kirche zertrennt, die Gewalt der Bischöfe ge-
brochen ^und die Kirchenverwaltung dem Pöbel übergeben, die löbliche Ordnung der
alten Kirche vernichtet, sich aber ungebührliche Gewalt beigelegt habe, und da überall
Klagen laut würden, daß alle Verhandlungen beim apostolischen Stuhle durch Frauen
geführt und durch diesen Weiberstaat die ganze Kirche geleitet werde. Diesen Beschluß
sandte „Heinrich, nicht durch Gewalt, sondern nach Gottes frommer Anordnung,
König, an Hildebrand, nicht den Papst, sondern den falschen Mönch!" Nach diesem
leidenschaftlich heftigen Gruße führte das Begleitschreiben noch weiter aus, daß der
König seine Gewalt unmittelbar von Gott habe, Gregor's Gewalt aber durch List
Geld und Gewalt erworben und nicht von Gott sei, und schloß: „der heilige Petrus'
ein Papst in Wahrheit, sagt: „Fürchtet Gott, ehret den König/' du aber, weil du
Gott nicht fürchtest, verunehrst in mir seine Ordnung. Der heilige Paulus, wo er
den Engel vom Himmel nicht schont, der anderes als das Evangelium predigen' würde,
hat dich, der anderes auf Erden lehrt, nicht ausgenommen, wenn er sagt: „So
irgend jemand, ob wir oder ein Engel vom Himmel, euch würde Evangelium predigen
anders, denn euch gepredigt ist, der sei verflucht." Durch diesen Fluch und unser und
unserer Bischöfe Urtheil verdammt, steige also herab, verlaß den angemaßten aposto-
lischen Stuhl, ein anderer besteige den Stuhl Petri, der da nicht Gewalt unter dem
Deckmantel der Religion übt, sondern die lautere Lehre des heiligen Petrus verkündigt.
Ich Heinrich, König von Gottes Gnaden, rufe dir mit allen meinen Bischöfen zu:
„Steige herab, steige herab!" In einem besonderen Schreiben forderte Heinrich auch
die Romer auf, den Papst, der die Kirche und das Reich verwüste, zu vertreiben und
einen andern zu wählen. Aber nach dem Aufstande des Eentius war des Papstes
Ansehen in der Stadt sehr gestiegen, so daß die Römer nicht darauf eingingen.
Als der Papst von den Wormser Beschlüssen Kunde erhielt, berief er auf den
21. Februar ein Eon eil nach Rom, zudem aus den Ländern außerhalb Deufchland's
110 Bischöfe erschienen. In diesem Eoncile traten des Königs Gesandte auf und
riefen dem Papste zu: „Der König und unsere Bischöfe gebieten dir von dem Stuhle
Petri zu steigen, den du nicht nach dem Rechte, sondern durch Raub erlangt hast!"
Auch die Kardinäle forderten sie auf, Gesandte nach Deutschland zu schicken, um einen
neuen Papst zu erhalten; „denn dieser ist kein Papst, sondern ein reißender Wolf".
Da aber erhob sich ein ungeheurer Sturm in der Versammlung, und die Gesandten
wären in Stücken zerhauen worden, wenn sie nicht Gregor selbst geschützt hätte. Der
Papst stellte dann die Briese der Bischöfe und des Königs zur Berathung, und das
Concil excommunicirte die BiHöfe, und der Papst sprach in feierlicher Weise den Bann
über den König aus, indem er nach einem Gebete an den heiligen Petrus öffentlich
verkündigte: „In diesem Vertrauen untersage ich nun zur Ehre und zum Schutze
deiner Kirche im Namen des allmächtigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des
heiligen Geistes, in Kraft deiner Vollmacht dem Könige Heinrich, Kaiser Heinrich's
Sohn, der sich mit unerhörtem Hochmuth gegen deine Kirche erhoben hat, die Regierung
des ganzen deutschen Reichs und Italiens, löse alle Christen von der Verpflichtung des
Eides, den sie ihm geleistet haben oder noch leisten werden, und untersage hiermit
jedermann, ihm als einem Könige zu dienen. Denn es gebührt sich, daß, wer die