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a. Die Krenzerschlacht. Es ist um V20 Uhr nachmittags au jenem
denkwürdigen 31. Mai, als unsere der Hochseeflotte vorauffahrenden schnellen
Streitkräfte südwestlich vor dem Skagerrak die feindliche Vorhut in Stärke
von vier leichten Kreuzern in Sicht bekommen. Diese fahren, von den Unseren
verfolgt, in höchster Fahrt nach Norden. Nach fast einstündiger Jagd
tauchen am westlichen Horizont zwei feindliche Kolonnen auf, die sich als sechs
Schlachtkreuzer und eine größere Zahl Kleiner Kreuzer und Zerstörer heraus¬
stellen. Kurz vor 5 Uhr eröffnen unsere Kreuzer aus einer Entfernung von
13 km ein sehr wirkungsvolles Feuer auf die feindliche Linie. Diese erwidert
sofort recht lebhaft, und bald ist der Kampf zwischen den beiderseitigen Kreuzer¬
geschwadern, die sich nach Süden hin entwickeln, in vollem Gange. Die Luft
erzittert unter den sich schnell folgenden Salven aus schwersten Kalibern.
Mächtige, masthohe Wassersäulen auftürmend, schlagen die Geschosse oft fo
dicht neben den Schiffen ein, daß die herabstürzenden Wassermassen auf das
Deck niederdonnern. Auch Treffer treten natürlich ein. Die stählernen Körper
erzittern unter der Wucht der Schläge. Furchtbare Verwüstungen werden
angerichtet. Mächtige Stichflammen zischen lohend auf, alles, was sie treffen,
zerschmelzend und verkohlend. Schwirrend sausen dichte Splitterschwärme über
Deck und durch die Aufbauten, und mancher Brave sinkt mit zerschmetterten
Gliedern in den ewigen Schlaf. Aber die Schiffe halten durch; keins wird
kampfunfähig. Dagegen wird nach 15 Minuten des Feuerkampfes der eng¬
lische Schlachtkreuzer „Judefatigable" zu Tode getroffen. Eine gewaltige
Explosion folgt. Wohl 100 m hoch schießt eine schwarze Qualmwolke himmel¬
wärts, hüllt das Schiff ein, und als sie verzieht, ist der Platz leer.
Um etwa 6 Uhr 20 Minuten erhält der Feind eine wesentliche Unter¬
stützung. Eine Division von fünf der neuesten und schnellsten Linienschiffe
der „Königin Elisabeth "-Klaffe kommt im Nordwesten in Sicht und schließt
sich dem feindlichen Sdhlachtkrenzergefchwader an. Um die jetzt beim Feinde
eintretende erhebliche Überlegenheit nach Möglichkeit auszugleichen, brechen
unsere Torpedobootsflottillen zum Angriff auf die feindliche Linie vor. Eng¬
lische Zerstörer werfen sich ihnen entgegen. Im Vorbeilaufen kommt es zum
Artilleriekampf. Zwei unserer Boote werden infolge von Treffern bewegungs¬
unfähig. Ihre Besatzung kann von anderen Booten mitten im feindlichen
Feuer ausgenommen werden. Dafür werden vier Zerstörer des Feindes ver¬
nichtet. Dazu ereignet sich auf einem der feindlichen Kolosse, dem Schlacht¬
kreuzer „Königin Marie", eine furchtbare Explosion. Die Masten des Schiffes
sinken nach innen zusammen. Eine dunkle Wolke, von Flammen durchzuckt,
schießt empor. Noch ehe der Qualm verweht, hat sich das Meer über dem
zerschmetterten Riesenleib geschloffen.
Um diese Zeit (kurz vor 7 Uhr) erscheinen unsere Linienschiffe auf dem
Kampfplatze. Damit ist nach etwa ejnstündigem Kampfe der erste Gefechts¬
abschnitt, die Kreuzerschlacht, beendet. Er endet trotz der zeitweilig erdrückenden
Überlegenheit des Gegners — sechs Schlachtkreuzer (unter Admiral Beatty)
und fünf schnelle Linienschiffe gegen fünf Panzerkreuzer (unter Vizeadmiral
Hipper) — erheblich zu unseren Gunsten. Der Vernichtung von zwei englischen
Schlachtkreuzern und von vier der modernsten Zerstörer steht der Verlust von
zwei unserer Torpedoboote gegenüber, deren Mannschaft von uns gerettet wurde.