Full text: Grundriß der Geschichte

84 Zweiter Abschnitt. Geschichte des Mittelalters. 
Hof schule zu Aachen war das Vorbild der von ihm beförderten 
Klosterschulen zu Tours, Paris, Osnabrück, Korvei, Fulda, St. Gallen, 
Hirsau und Salzburg. Durch italienische Sänger verbesferte er den 
kirchlichen Chorgesang; Reden der Kirchenväter in Übersetzung 
sollten zur Erbauung der Gemeinde dienen. Seinem ganz deutschen 
Wesen gemäß legte er den Schwerpunkt feines Reiches in das deutsche 
Gebiet desselben. Nachdem er die Regierung seinem einzig übrig ge- 
bliebeuen Sohne Ludwig, später der Fromme genannt, feierlich in der 
814. Kirche übergeben, starb der große Mann ein Jahr darauf, und fein 
einbalsamierter Leichnam wurde im kaiserlichen Ornate in der Marien- 
kirche zu Aachen beigesetzt. 
Zweites Kapitel: Die Auflösung der Karoimgischen Welt- 
monarchie und die Entstehung des ostfränkischen oder deutschen 
Reiches. 
Ludwig der Fromme und feine Söhne (814—40). Ludwig der Deutsche und 
Karl der Dicke. 
§ 58. Ludwig der Fromme überließ sich, schwach und un- 
selbständig, dem lenkenden Einflüsse besonders des Klerus. Er nahm 
seinen ältesten Sohn Lothar zum Mitregenten an, gab an Pipin 
Aquitanien und an Ludwig den Deutschen Bayern, Böhmen und 
Kärnten, während er alles übrige mit der Kaiserwürde und der 
Oberherrlichkeit über die Brüder für Lothar bestimmte. Unter dem 
Einflüsse seiner zweiten Gemahlin änderte er aber wiederholt die 
Reichsteilung zu Gunsten seines Sohnes zweiter Ehe Karl, später 
der Kahle genannt, und rief dadurch wiederholte Empörungen feiner 
älteren Söhne gegen sich hervor, denen sich selbst der Papst und die 
hohe Geistlichkeit anschlössen, welche durch die neue Teilung die Einheit 
der Kirche gefährdet sahen. Auf dem „Lügenfelde" bei Kolmar 
gingen feine Großen trotz ihres Lehnseides zu den Söhnen über, und 
der Kaiser geriet in die Gefangenschaft Lothars, der hartherzig den 
schwachen Vater zu öffentlicher Kirchenbuße zwang, um ihn zum 
Throne unfähig zn machen. Befreit von Ludwig dem Deutschen, be¬ 
nachteiligte der Kaiser bei einer abermaligen Teilung gerade 
diesen Sohn, der nun mit Waffengewalt sich im Besitz der anstrasischen 
Länder erhalten wollte. Auf dem Zuge gegen ihn starb Ludwig der 
Fromme altersschwach und von Gram gebeugt. Nach blutigem Bür- 
gerkriege, in welchem Ludwig und Karl — Pipin war gestorben — 
gegen die oberherrlichen Ansprüche Lothars kämpften, kam es zu dem 
343.Teilungsvertrage von Verdun. Lothar bekam mit der Kaiser¬ 
krone das fränkische Italien und einen schmalen Strich Landes zwischen 
Rhein, Maas, Saone und Rhone (Lothringen), Karl der Kahle 
erhielt das Land westlich dieser Flüsse, Westfranken (Frankreich), 
Ludwig der Deutsche Ostfranken (Deutschland) auf der rechten 
Rheinseite und die linksrheinischen Sprengel der Bistümer Mainz,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.