§ 7. Das sächsische Herrscherhaus (919—1024). 55
Augsburg leistete unter dem tapferen Bischof Udalrich heldenmütigen
Widerstand. Sofort eilte Otto herbei. Da ließen die Ungarn von der
Bestürmung Augsburgs ab und wandten sich gegen den König. Noch
trennte der Lech beide Heere. Als die Ungarn aber die kleine Schar
Ottos sahen, schwammen sie voll Siegeszuversicht mit ihren Pferden
durch den Fluß und griffen in zahllosen Schwärmen die Deutschen im
Rücken an. Zwar stoben die Böhmen, die hier das Gepäck decken
sollten, vor ihrer Übermacht auseinander, und auch noch die ihnen zu-
nächst stehenden Schwaben gerieten nach heftigem Widerstand in Un-
ordnuug, aber da griff Ottos Schwiegersohn Konrad, der vor Begierde
brannte, seine Verfehlungen wieder gut zu machen, mit den Franken
ein, löste die Gefangenen, gewann das Gepäck zurück und warf die
Feinde wieder zum Lager hinaus. — Am nächsten Morgen (d. 10. Aug.
955) griff Otto nach einem feierlichen Gottesdienst mit Ungestüm die 955
Feinde an. Die dicht zusammengeschlossenen deutschen Haufen wüteten
furchtbar unter den Scharen der Ungarn. Bald waren deren Ordnungen
durchbrochen und wälzten sich in dichten Knäueln nach dem Lech zu, um
sich zu retten. Aber ganze Haufen wurden niedergemacht, und diejenigen,
die den Lech wieder zu durchschwimmen versuchten, konnten an dem
steileren Ufer an der anderen Seite nicht wieder emporklimmen; so
kamen sie meist in dem reißenden Flusse um. Dieser soll von Leichen
gewimmelt haben. Wer noch entkam, fiel den erbitterten Städtern oder
Landleuten in die Hände und wurde unter entsetzlichen Martern um-
gebracht. So wurde das ganze Heer vernichtet. Selbst ein ungarischer
Geschichtschreiber sagt, daß nur sieben Mann die Kunde von der Nieder-
läge nach der Heimat gebracht haben. Seit diesem Tage haben die
Ungarn aus großer Furcht vor den Deutschen nie wieder gewagt, einen
Raubzug nach Deutschland zu unternehmen.
h. Die Erwerbung der römischen Kaiserkrone. Da Berengar wieder
abgefallen war und der Papst Johann XII. gegen ihn Hilfe begehrte,
zog Otto I. im Jahre 961 zum zweitenmal über die Alpen. Ohne
Kampf schritt er durch die Lande; niemand erhob den Arm wider ihn.
Am 2. Februar 962 ließ er sich vom Papst in Rom zum Kaiser krönen. 962
Johann XII. erkannte Otto als Schirmherrn an und schwur am Grabe
Petri, daß er nie von ihm abfallen werde.
Aber trotz seines Eides verband er sich mit Berengars Sohn gegen
den Kaiser. Da wurde er abgesetzt und unter Ottos Leitung ein neuer
Papst (Leo VIII.) gewählt. Als dieser aber nach Ottos Abzug gegen
Berengar durch Gewalttätigkeiten des wortbrüchigen Papstes wieder ver-
trieben und dann nach dem plötzlichen Tode Johanns XII. durch einen
von den Römern gewählten Gegenpapst bedrängt wurde, da erstürmte
Otto Rom, ließ den Gegenpapst, der selbst vorher Leo VIII. mitgewählt
hatte, seiner Würde entkleiden und verbannte ihn nach Hamburg. Dann