Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit bis 1648 (Teil 2)

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Geschichte des Mittelalters. — Zweite Periode. 
1). Tie Teilung des Reichs. Jetzt entbrannte der Bruderkrieg 
aufs neue; Ludwig und sein Stiefbruder Karl — Pippin war ver¬ 
storben — bestritten Lothar die Alleinherrschaft und besiegten ihn in 
der Mutigen Schlacht am Bach der Burgundionen bei Auxerre (841). 
Lothar suchte sich mit den bedenklichsten Mitteln zu halten: er er- 
munterte die Sachsen, ihre alte Freiheit wieder zu erringen, er rief die 
843 Normannen ins Land; aber trotzdem mußte er sich zu dem Vertrag von 
Verdnn verstehen, der dem Bruderkriege ein Ende machte. Lothar 
erhielt die Kaiser würde und Italien, außerdem deu Länderstreifen 
westlich des Rheins und östlich der Rhone, von der Nordsee bis zum 
Mittelmeer; in diesem Teile lagen die beiden Kaiserstädte Rom und 
Aachen. Karl der Kahle bekam Westfranken (das heutige Frankreich), 
Ludwig Ostfranken (Deutschland) und „wegen der Weinfülle" Mainz, 
Worms und Speier. 
Damit hatte die herkömmliche fränkische Erbteilung das Weltreich 
Karls des Großen aufgelöst; durch den Vertrag von Verdnn schied es 
sich nach Nationen: im Osten entstand des deutsche Reich, im Westen 
Frankreich, im Süden Italien. In Deutschland war das deutsche 
Blut unvermischt geblieben, in Frankreich und Italien hatten sich 
Welsche und Germanen verbunden. So schieden sich jetzt die romanischen 
Nationen von den Deutschen in Geschichte und Sprache. In Frankreich 
redeten noch im 10. Jahrhundert die Könige an ihrem Hofe deutsch; all- 
mählich aber bildete sich aus dem Latein der welschen Bevölkerung durch 
Verbindung mit einigen deutschen Elementen die französische Sprache; 
sie ist unter den romanischen Sprachen die älteste. In Italien gaben 
um das 10. Jahrhundert allmählich auch die Longobarden ihre heimische 
Sprache aus, und es bildete sich aus der Verschmelzung mit dem Latein 
das Italienische; selbst im Spanischen haben sich Spuren der deutschen 
Sprache erhalten. — In den deutschen Gebieten wurde das Wort 
„deutsch" ursprünglich nicht für das Volk, sondern für die Sprache ge- 
braucht: man bezeichnete mit diesem Ausdruck die Volkssprache im Gegeu- 
satz zu dem Latein der Gelehrten. 
Das mittlere Reich bestand aus romanischen und germanischen Volks- 
elementen ohne inneren Zusammenhang. Vor seinem Tode (855) teilte Lothar 
nach fränkischer Sitte sein Land unter seine drei Söhne. Ludwig H. erhielt 
Italien und die Kaiserwürde. Lothar erbte das Mosel- und Maasland, das 
nach ihm Lothringen genannt wurde, Karl erhielt Burgund. Nachdem 
Tode der beiden letzteren eigneten sich Ludwig der Deutsche und Karl der 
Kahle mit Übergehung Ludwigs n. deren Land an, und im Vertrag zu 
Meersen a. d. Maas erhielt Ludwig Lothringen, während Burgund zum 
Reiche Karls des Kahlen kam, so daß fortan die Grenze der deutschen 
und französischen Sprache auch die Grenze zwischen Deutschland und
	        
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