IV. Periode,
Verfall des deutschen Reiches und der Hierarchie
1291 bis 1492, beziehungsweise 1517.
A. Könige aus verschiedenen Häusern und Begründung der
habsburgischen und luxemburgischen Hausmacht 1273 bis 1347,
§ 31. Rudolf von Habsburg 1273 bis 1291.
I. Rudolfs Wahl.
Die „kaiserlose“, in Wahrheit „schreckliche Zeit“ des Inter¬
regnums, wo bei Abwesenheit eines auf Recht und Ordnung
bedachten Oberhauptes die Faust des Stärkeren die einzige
anerkannte Macht war und das Reich staatlich und wirtschaft¬
lich infolge der herrschenden Zügellosigkeit der Großen und
der Rechtlosigkeit des Nährstandes dem völligen Untergang
entgegenzugehen drohte, weckte immer mächtiger und allge¬
meiner die Sehnsucht nach Wiederherstellung geordneter
Zustände durch Erneuerung des Königtums.
Als daher im Jahr 1272 Richard von Cornwallis starb, faßten
die Kurfürsten, ohne sich um Alfons von Kastilien zu kümmern,
die Wahl eines neuen Königs ins Auge. Sie waren von vorn¬
herein darüber einig, daß nur ein an Macht unbedeutender
Fürst, der ihnen selbst gegenüber zur Ausübung der königlichen
Gewalt außerstande wäre, den Thron besteigen dürfe. Solchen
Erwägungen verdankte der im Oberelsaß und in der Schweiz
begüterte Graf Rudolf von Habsburg1) seine im Oktober
1273 zu Frankfurt vollzogene Wahl, auf die wahrscheinlich
1) Der Stammsitz, die Habsburg (— Habichtsburg), liegt im Kanton
Aargau, auf dem rechten Ufer der Aare, wenig oberhalb der Beuß-
mündung; Stammtafel zu § 45 I. A.