Full text: Lehrstoff der Unterprima (Teil 2)

Das Frankenreich unter den Merowingern. 
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des Königs beim Hofgericht; und vor allem der Majordomus 
(wie schon der römische Hausvorsteher geheißen hatte) oder 
H ausmeier, der ursprünglich bloß Aufseher über die Knechte 
des Hofhaltes gewesen zu sein scheint, seit dem siebenten Jahr¬ 
hundert aber oberster Beamter des Königs war; nun hatte er 
Strafgewalt über die königlichen Beamten, die Oberaufsicht über 
die Krongutsverwaltung, leitete die Erziehung der königlichen 
Prinzen und führte bei Minderjährigkeit des Königs die Vor¬ 
mundschaft. 
C. Politische Gliederung und Verwaltung des Reiches. 
Das ganze Reich war zum Zweck der Verwaltung in Graf¬ 
schaften1) eingeteilt. Der oberste Beamte einer Grafschaft, der 
vom König eingesetzt wurde und abgesetzt werden konnte, hieß 
Graf2) (comes). Er war richterlicher Beamter, indem er im 
alten Gaugericht den Vorsitz führte und die gefällte Strafe zu 
vollziehen hatte. Er verkündete im Namen des Königs das 
Heeresaufgebot und hatte die Führung der Mannen seines Be¬ 
zirkes; endlich hatte er hier die Erhebung der königlichen Ein¬ 
künfte (aus Zöllen, Strafgeldern, dem Münzregal) unter sich. 
In manchen Teilen des Reiches erscheint ein (Amts-) 
Herzog, der über mehrere Grafschaften gesetzt war. 
D. Heerwesen. 
Die Dienstpflicht zum Heer galt für die Freien allgemein, 
umfaßte also sowohl Romanen als Germanen. Für Ausrüstung 
und Unterhalt hatte jeder Kriegsmann selbst zu sorgen. Das 
Aufgebot zum Heer war Sache des Königs, der es bei Strafe 
des Heerbannes erließ; er war auch der oberste Feldherr oder 
ernannte einen Stellvertreter. Der Einteilung lag die nach 
Grafschaften und nach deren Unterabteilungen, den Hundert¬ 
schaften, zugrunde. Die Wohlhabenden erschienen zu Pferd 
und bildeten die Umgebung des Königs. 
E. Das Gerichtswesen. 
Das fränkische Reich hatte zwei Arten öffentlicher Gerichte: 
das Grafengericht und das Königs- oder Hofgericht. 
1) Das Grafengericht: Das Grafengericht fand inner¬ 
halb jedes Gerichtssprengels, d. h. jeder Hundertschaft, alle 
*) Die Grafschaft, auch Gau genannt, entspricht dem Umfang nach 
ungefähr der alten Völkerschaft (vgl. Seite 10). 
*) = Befehlender.
	        
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